Ein Bett im Kornfeld
: Land-Wirt: Markt-Nische im Heu

■ BäuerInnen erobern den Urlaubsmarkt mit Heubett und Hof-Cafés

Lüneburg – Ein Stück frische, hausgebackene Buchweizentorte im ehemaligen Kuhstall eines niedersächsischen Bauernhauses genießen – das gilt als Insider-Tipp für Ausflügler und Touristen. „Für viele Landwirte bedeutet die Direktvermarktung ihrer Produkte häufig, sich unabhängig von dem sehr großen, festgefahrenen Agrarmarkt zu machen“, sagt Elisabeth Wietgrefe von der Landwirtschaftskammer Hannover. Der Trend zu Hofläden hält seit mehr als zehn Jahren an. Daneben eröffnen immer mehr Landleute Hof-Cafés für Gäste, die Rustikales schätzen.

Über die Bewirtung mit selbst gebackenen Kuchen und Broten, selbst gebrautem Bier, Wild- oder Gänsebraten in gemütlicher Bauernstube haben sich inzwischen in Niedersachsen mindestens 75 landwirtschaftliche Familien ein zweites Standbein geschaffen, sagte Wietgrefe. Vielfach seien die Cafés an das Angebot „Urlaub auf dem Bauernhof“ oder einen schon bestehenden Hofladen gekoppelt.

Meistens sind es die Frauen, die wie Rita Eggers in Ellingen (Landkreis Soltau-Fallingbos-tel) mit Gästebewirtung oder dem Direktverkauf ab Hof ein zusätzliches Einkommen erwirtschaften. „Der Wunsch, einen eigenständigen Bereich zu betreiben, ist zwar keine Garantie für Erfolg, aber oft die Motivation“, sagt Elisabeth Wietgrefe. Das „Know how“ für die Bewirtung bringen viele Landfrauen aus einer hauswirtschaftlichen Ausbildung mit. Für Rita Eggers bedeutet das inzwischen eiserne Disziplin. „In der Saisonzeit müssen meine acht Kuchen vor dem Frühstück im Ofen sein“, sagt die 57-jährige Bäuerin. Dafür sorgt sie ganz allein. Schon seit 30 Jahren beherbergt sie auf dem Eggershof Urlauber, seit zehn Jahren auch in einem „Heu-Hotel“. Das vor anderthalb Jahren eröffnete Cafe' ist ihr „jüngstes und liebstes Kind“.

Im Oktober vergangenen Jahres erhielt Familie Eggers die EU-Plakette vom „European Culinary Heritage Network“ verliehen. Zum „Europäischen Netzwerk für kulinarisches Erbe“ gehören inzwischen 17 europäische Regionen, eine davon ist die Lüneburger Heide. „Mit dem Netzwerk-Projekt will die EU erreichen, dass wieder mehr regionale Spezialitäten auf den Speisekarten und in den Regalen zu finden sind“, sagt Claudia Schmidt, Tourismusdezernentin bei der Lüneburger Bezirksregierung. Sie hat inzwischen 21 Restaurants, Hofläden und Hof-Cafés in der Heide-Region mit der EU-Plakette ausgezeichnet.

„Über das Projekt sollen auch die regionalen Wirtschafts-kreisläufe unterstützt werden“, sagt Schmidt. „80 Prozent des Umsatzes in den Läden oder Restaurants mit dem europaweiten Logo mit der Kochmütze müssen mit Produkten erwirtschaftet werden, die entweder selbst oder in Betrieben der Region hergestellt werden.“ Außerdem treten die Unternehmen künftig als Werbegemeinschaft auf. Im Internet gibt es bereits eine Homepage.

Karin Ridegh-Hamburg/ dpa