: Vorsorge muss sein
PRO: Private Vorsorge erlaubt eine gut gemischte Anlagestrategie.Und nur so lässt sich auch von der Entwicklung im Ausland profitieren
von GERT G. WAGNER
Wie immer argumentiert Flassbeck anhand einer reinen Modellvorstellung. Diesmal ist es eine „geschlossene Volkswirtschaft“. Freilich ist Flassbecks Argumentation selbst innerhalb seiner Modellwelt nicht stichhaltig. Sparen ist nicht so schädlich wie er behauptet. Zum einen bedeutet eine Mark mehr an Konsum ja nicht eine Mark mehr an Gewinn, weil den Unternehmen bei der Produktion der Konsumgüter ja auch Kosten entstehen. An Gewinn bleiben nur ein paar Pfennige übrig. Zum anderen ist Sparen in einer geschlossenen Volkswirtschaft durchaus wachstumssteigernd, weil mehr Sparkapital die Zinsen senkt und damit zusätzliche reale Investitionen lohnend macht.
Das Entscheidende, das Flassbeck mit seiner Modellwelt jedoch ausklammert, ist die Tatsache, dass verschiedene Teile der Welt sich unterschiedlich entwickeln werden und wir dies ausnützen können. Wenn in 30 Jahren sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der erwarteten Bevölkerungsschrumpfung die Wachstumsbedingungen verschlechtern, können wir im wahrsten Sinne des Wortes vom Ausland profitieren.
Freilich hat eine Kapitalanlage im Ausland ihren Preis: neben den unvermeidlichen Schwankungen der Kapitalrendite kommen auch noch Wechselkursschwankungen als Gefahr für die privaten Renten hinzu. Diese Gefahren können jedoch durch Diversifikation der Kapitalanlagen (indem man nicht „alles auf eine Karte setzt“) gering gehalten werden. Ausserdem wäre es sicherlich unsinnig, weltweit die Altersvorsorge komplett auf Kapitaldeckung umzustellen.
Flassbeck hat sicherlich Recht, dass zusätzliches Sparkapital gute Wachstumsbedingungen braucht, wenn es später höhere Erträge als die umlagefinanzierte Rente abwerfen soll. Daran wird ja weltweit gearbeitet. Nur aufgrund der theoretischen Möglichkeit, dass Sparen nicht in Wachstum umgesetzt wird, ganz auf einen moderaten Ausbau kapitalgedeckter Vorsorge und damit auf eine „gut gemischte Vorsorgestrategie“ zu verzichten, ist unvernünftig.
Wenn der Staat Kapitaldeckung der Altersvorsorge fördert, sollte er nicht vergessen, dass Anlagefonds und Versicherungsgesellschaften Fehler machen und Geld verschwenden können. Deswegen muss der Staat regulierend eingreifen. Doch man hat den Eindruck, dass die deutsche Bundesregierung auf diese Gestaltungsnotwendigkeit nicht vorbereitet ist. Dies ist pikant, da inzwischen selbst ein enthusiastischer Befürworter der Kapitaldeckung wie die Weltbank sich über die Gefahren und Regulierungsnotwendigkeiten von Kapitaldeckung Gedanken macht.
Schließlich sei darauf hingewiesen, dass realwirtschaftliche Maßnahmen sicherlich auch sinnvoll sind, die von vornherein den Alterungsprozess der auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lebenden Wohnbevölkerung gar nicht erst eintreten lassen bzw. abmildern. So kann Zuwanderung von jungen Menschen uns helfen, unsere demografisch bedingten Probleme – in der sozialen Sicherung, aber vor allem auch am Arbeitsmarkt – zu lösen. Freilich sollte man bedenken, dass Kapitalexport und späterer Kapitalimport humaner sein kann als das Hin- und Herwandern von Menschen. Angesichts steigender Lebenserwartung ist eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit wahrscheinlich der Königsweg, um negative Konsequenzen der Alterung zu minimieren. Um diesen zu begehen, bedarf es offensichtlich guter Wachstumsbedingungen. Die helfen dem Arbeitsmarkt und der privaten Vorsorge.
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