: Immer Ärger mit den Tabakfirmen
Die EU-Kommission will US-Zigarettenfirmen wegen Verdacht auf Schmuggel nach Europa verklagen
BERLIN/BRÜSSEL taz/rtr ■ Schlechte Zeiten für die amerikanischen Tabakkonzerne: Erst vorige Woche hat ein Gericht in Florida mehrere Zigarettenhersteller zur Rekordzahlung von insgesamt 145 Milliarden Dollar an kranke Raucher verurteilt. Jetzt droht neue Ungemach, diesmal aus Europa: Die Europäische Kommission beschuldigt US-Tabakkonzerne des Zigarettenschmuggels nach Europa.
Deshalb will die Kommission zum ersten Mal in ihrer Geschichte auf Schadenersatz klagen. Zunächst soll es jedoch eine Unterlassungklage geben, sagte EU-Kommissarin Michaele Schreyer. Die soll die Hersteller dazu bewegen, alles zu unternehmen, um nicht den Schwarzmarkt zu beliefern. Zu den beschuldigten Unternehmen gehören nach Informationen des Handelsblattes die US-Tabakkonzerne Philip Morris und Reynolds.
In die Europäische Union (EU) werden jährlich Tonnen von Zigaretten geschmuggelt. Der Zigarettenschmuggel ist seit Jahren der größte Posten in der Bilanz über Betrug am EU-Haushalt, den der Europäische Rechnungshof aufstellt. Dem Fiskus gehen dadurch nach EU-Schätzungen zwei bis vier Milliarden Mark an Steuer- und Zolleinnahmen verloren. Jetzt will die EU Entschädigung verlangen. „Wir wollen unser Geld zurück“, sagte ein Sprecher der Kommission. In manchen Ländern der EU liege der Marktanteil von Schmuggelzigaretten bei zehn Prozent.
Der Schmuggel läuft nach Angaben von Zollexperten nach folgendem Muster ab: US-Tabakkonzerne liefern Zigaretten etwa im Freihafen Hamburg an einen Exporteur, der Kontakte zur Zigarettenmafia hat. Unverzollt und unversteuert schafft er die Ware nach Osteuropa, um sie dann wieder illegal in die Bundesrepublik zurückzubringen. Die Kommission wirft den Konzernen vor, diese Vorgänge zu kennen und dennoch nicht durch Lieferstopps an die Beteiligten zu unterbinden.
Die EU-Kommission ist nicht das erste ausländische Staatsorgan, das US-Zigarettenherstreller wegen Schmuggel verklagt: Ecuador und Kolumbien haben ähnliche Verfahren laufen, auch Kanada hat bereits geklagt, wurde jedoch zurückgewiesen. kk
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