: Minister gegen rechts – später
Innenminister der Länder lehnen die Forderung der Grünen nach einer Sondersitzung ab. Über rechte Gewalt wollen sie erst im November beraten. Heute Demo in Ludwigshafen
BERLIN taz ■ „Genug! Nicht warten, bis es Tote gibt!“ Unter diesem Motto findet heute um 12 Uhr auf dem Berliner Platz in Ludwigshafen eine Demonstration gegen rechte Gewalt statt. Anlass ist der Brandanschlag auf das Asylbewerberheim im Stadtteil Oppau, bei dem vor einer Woche drei Kinder aus dem Kosovo verletzt wurden. Zum Protest aufgerufen hat auch die SPD. Wenn es darum geht, politische Konsequenzen aus der Zunahme rechter Gewalttaten zu ziehen, haben es zumindest die SPD-Innenminister weniger eilig.
Die Innenministerkonferenz der Länder lehnte gestern die Forderung der Grünen nach einer Sondersitzung ab. „Es hilft nichts, jetzt kurzfristig symbolhafte Aktionen zu starten“, sagte eine Sprecherin von NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) zur Begründung. Behrens ist zur Zeit Vorsitzender der Ministerrunde.
Renate Künast, Vorsitzende der Grünen, hatte ein „politisches Signal“ der Länder verlangt, dass der Kampf gegen rechte Gewalt intensiviert werde. Behrens hält das für unnötig. Zumindest in seinem Bundesland gebe es in dieser Hinsicht „keinen Nachholbedarf“. Bei Telefonaten unter den Ministerkollegen sei man übereingekommen, das Thema erst beim nächsten regulären Treffen im November zu beraten. Bis dahin werde jedes Land selbst entscheiden, welche Maßnahmen es treffen wird.
Der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Cem Özdemir, reagierte unterdessen zurückhaltend auf die Forderung seiner Parteichefin Künast nach einer dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen. „Man kann nicht pauschal sagen“, so Özdemir, „dass Asylbewerberheime grundsätzlich abgeschafft werden müssen.“
Angesichts des Rückgangs der Zahl der Asylbewerber und der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sei die Unterbringung in Wohnungen „sicher eine Möglichkeit, die öfter als bisher in Erwägung gezogen werden kann“. Das Problem des Rechtsradikalismus könne so aber nicht gelöst werden. „Auch wenn Asylbewerber in Wohnungen untergebracht werden, bleiben sie gefährdet.“ Viele Anschläge hätten gezeigt, dass Ausländer auch einzeln angegriffen würden.
Die grüne Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, dagegen begrüßte Künasts Vorschlag. Auch der FDP-Innenpolitiker Max Stadler sagte: „Wenn es möglich wäre, wäre das schön.“ Vorrangig sei aber der Schutz der bestehenden Einrichtungen. Dafür kann er sich auch eine Überwachung der Heime mit Videokameras vorstellen. LUKAS WALLRAFF
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