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Magenbitter für Schill

PRO-Sponsorensammler Underberg tritt nach Bekanntwerden seiner Verurteilung zurück. Schill will suspendiert werden ■ Von Peter Ahrens

Die Schill-Partei Rechtsstaatliche Offensive PRO ist schon zehn Tage nach ihrer Gründung in der Defensive. Vorstandsmitglied Franz-Josef Underberg ist gestern zurückgetreten. Nachdem die taz hamburg am Samstag Underbergs Verurteilung wegen versuchten Waffenhandels mit dem Irak aus dem Jahr 1992 veröffentlicht hatte, erkannte der 57-jährige Unternehmer „ein Glaubwürdigkeitsproblem“, wie Parteichef Ronald Barnabas Schill gestern einräumte. Underberg hat daraufhin seinen Rücktritt angeboten, und Schill nahm an.

Der Parteivorsitzende selbst heischt ebenfalls nach Rücktritt – dem vom Richteramt. Er hat beim Richterdienstgericht seine eigene Suspendierung beantragt. Denn so lange die Vorwürfe gegen ihn wegen Rechtsbeugung „nicht völlig aus der Welt“ seien, sieht Schill „die Unabhängigkeit meines richterlichen Handelns“ gefährdet. Daher werde er künftig jeden Fall, der ihm als Zivilrichter auf den Tisch komme, mit einem Befangenheitsantrag gegen sich selbst versehen. Es sei ein „Unding, wenn ich im Ziviljustizgebäude meine Richterrobe ausziehe, unter den hämischen Zurufen der Rotfloristen zum Strafjustizsaal gehe und dort fünf Minuten später als Angeklagter Platz nehmen muss“. Am 18. September wird Ronald Schill wegen des Vorwurfs der Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung der Prozess gemacht.

Ein politischer Prozess, aus dieser Ansicht macht Schill keinen Hehl. Er spricht von einer „von politischen Hintermännern inszenierten Schmutzkampagne“. Falls er freigesprochen würde, „wovon ich 100-prozentig ausgehe“, erwäge er selbst, Anzeige wegen Rechtsbeugung zu erstatten. Dabei bezichtigt er vor allem Generalstaatsanwältin Uhlig-van Buren, „in vorauseilendem Gehorsam oder in Absprache mit den Regierenden“ die Anklage gegen ihn vorangetrieben zu haben. Vom Richterdienstgericht, das über ein Disziplinarverfahren gegen Schill berät, verlangt er eine „Ehrenerklärung“.

Die versucht er auch, seinen ins Zwielicht geratenen engen Mitarbeitern, Vorstandsbeisitzer Underberg und den wegen Veruntreuung verurteilten Pressesprecher Rainer Koppke, mitzugeben. Wenn jemand verurteilt und seine Strafe abgebüßt habe, dann sei „er wieder ein unbeflecktes vollwertiges Mitglied der Gesellschaft“. Allerdings sei „in diesem Punkt keine Partei so angreifbar wie unsere“, daher habe er den Rücktritt Underbergs akzeptiert. Parteisprecher Koppke werde auch „künftig im Bedarfsfall weiter für uns tätig sein“, wurde auch dem zweiten ertappten Sünder ein Abschied auf Raten erteilt.

Die PRO sei sich bewusst, dass sie „darauf achten muss, dass an ihrer Spitze Leute mit einer weißen Weste sitzen“, sagt Schill. Falls er selbst wegen Rechtsbeugung verurteilt wird, werde er daher „sofort von allen Ämtern zurücktreten“.

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