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Hindu-Extremist sitzt nur kurz im Knast

Ein indisches Gericht stellt das Verfahren gegen den Chef der radikalen Shiv-Sena-Partei ein. An diesem Fall bröckelt die Regierung in Delhi

DELHI taz/ips ■ Der Aufenthalt im Knast dauerte nur einige Stunden, dann war der Hindu-Extremist Bal Thackeray gestern wieder frei. Kurz nach seiner Festnahme entschied ein Gericht in der indischen Stadt Bombay, die Anklage wegen Volksverhetzung gegen den Chef der Shiv-Sena-Partei fallen zu lassen, da der Tatbestand verjährt sei. Thackeray war vorgeworfen worden, in den Jahren 1992 und 1993 während der Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen in Bombay hetzerische Artikel geschrieben zu haben. Bei den Pogromen kamen über 1.000 Menschen ums Leben.

Da Shiv Sena für den Fall einer Festnahme Thackerays damit gedroht hatte, einen Generalstreik auszurufen und „Blut auf den Straßen zu vergießen“, besetzten gestern starke Polizei- und Armeekräfte wichtige Straßenkreuzungen Bombays. Parteimitglieder lieferten sich Scharmützel mit der Polizei; einige legten sich auf die Straße, um das Abführen ihres Führers zu verhindern.

Der Fall Thackeray hatte Auswirkungen auf höchste Regierungskreise und führte zum Bröckeln der Koalition in Delhi unter Führung der gemäßigteren Hindu-Partei BJP. Die Shiv Sena zog ihre drei Minister aus der Koalitionsregierung ab, ein vierter wurde entlassen. Die Regierung hatte sich nämlich geweigert, zugunsten von Thackeray zu intervenieren. Begründung: der Bundesstaat Maharashtra sei zuständig. Bei dem geschassten Minister handelte es sich um Justizminister Ram Jethmalani, der versucht hatte, das Gerichtsverfahren zu verhindern. Er griff den Obersten Gerichtshof, der Thackeray wegen Aufstachelung zu kommunalem Hass verurteilt hatte, verbal scharf an und forderte die Regierung auf, zu handeln. Premierminister Atal Bihari Vajpayee entließ den Minister daraufhin. In einer Reaktion auf die gestrige Gerichtsentscheidung sagte Exjustizminister Jethmalani, dies habe seine Auffassung bestätigt.

Bereits 1998 hatte eine Untersuchung Thackeray als Anstifter der Pogrome benannt. Zu einer strafrechtlichen Verfolgung kam es jedoch nicht, weil damals die Shiv Sena und die BJP die Regierung Maharashtras stellten. Seit vergangenem Jahr regiert in Bombay jedoch die Kongresspartei, ein erbitterter Gegner der BJP und der Shiv Sena, die das Verfahren gegen Thackeray wieder aktivierte.

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