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Rechtes Schmuddelkind

JLO ist trotz Rechtsextremismus außerordentliches Mitglied beim Bund der Vertriebenen

BERLIN taz ■ Sie feiert die Wintersonnenwende. Sie geißelt den deutschen „Schuld- und Betroffenheitswahn“. Sie gedenkt gemeinsam mit dem ehemaligen Chef der „Republikaner“, Franz Schönhuber, den Opfern „des alliierten Bombenterrors“. Und bietet Links zu den rechtsextremen bzw. deutschnationalen Publikationen Junge Freiheit, Aula sowie Nation & Europa.

Nach Informationen der taz ist die „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“ (JLO), der das Bundesamt für Verfassungsschutz „keine Berührungsängste zum rechtsextremistischen und neonazistischen Spektrum“ attestiert, trotz dieser Aktivitäten immer noch außerordentliches Mitglied beim Bund der Vertriebenen (BdV) – via die Arbeitsgemeinschaft „Junge Generation im BdV“. Das bestätigte Oliver Dix, Sprecher der AG Junge Generation im BdV.

Die Junge Landsmannschaft Ostpreußen wurde 1991 gegründet und zählt nach eigenen Angaben etwa 1.200 Mitglieder. Bereits 1995 wurde Fritz, die Zeitschrift der Organisation, vom Verfassungsschutz observiert. Nachdem im vergangenen Oktober Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen eine „deutliche Nähe zum Rechtsextremismus“ vorwarf, sah die Mutterorganisation der JLO, die Landsmannschaft Ostpreußen, sich gezwungen, ihren braunen Ableger zu kappen. Dessen Aktivitäten waren unhaltbar geworden: Im Februar 1999 marschierte die JLO in Leipzig offen mit dem „Nationalen Widerstand“, mit „Republikanern“, DVU und NPD. Gegen den sächsischen Landesverband war wegen antisemitischer Darstellungen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Und: In Verbandsmitteilungen wurde die Einladung des Rechtsextremisten Manfred Roeder zu einem Vortrag vor Bundeswehroffizieren als „keine reale Bedrohung der Demokratie“ bezeichnet.

Im Januar dieses Jahres stieß daraufhin die Landsmannschaft Ostpreußen ihre Jugendorganisation ab.

Eine Trennung von der rechtslastigen JLO ist bei der Arbeitsgemeinschaft Junge Generation im BdV jedoch bislang nicht vollzogen worden. Ein Ausschlussverfahren scheiterte im Frühjahr. Die erforderliche Mehrheit kam nicht zustande. „Wir streben den Ausschluss an“, sagte Oliver Dix der taz.

Wen wundert’s. Am 3. September wird Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der gerade erst mehr Härte gegen rechtsradikale Umtriebe angekündigt hat, bei der zentralen BdV-Veranstaltung zum Tag der Heimat in Berlin die Festrede halten. Da möchte man sich ein rechtsextremes Schmuddelkind wohl nicht leisten.

„Die Nochmitgliedschaft der JLO zeigt die mangelnde Distanz des Bundes der Vertriebenen zum rechtsextremen Lager“, sagt Annelie Buntenbach, Rechtsextremismus- und Vertriebenenexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion. Zudem sei die JLO nur ein Beispiel für die rechte Affinität beim BdV. Bundeskanzler Schröder sollte bei seiner Rede am Tag der Heimat im September „zumindest diese erheblichen rechtsextremistischen Tendenzen thematisieren“, forderte die Grünen-Politikerin.

Übrigens: Die Landsmannschaft Ostpreußen hat bereits eine neue Jugendorganisation: Den „Bund Junges Ostpreußen“. Gründungsmitglied ist Bernhard Knapstein, in der Vergangenheit Chef der JLO. UTA ANDRESEN

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