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Bienen und andere Drohungen

■ Auf dem Künstlerinnenhof „Die Höge“ wird am Wochenende das Projekt „Einschreibungen“ präsentiert, an dem sich fünf Künstlerinnen beteiligt haben

Das interdisziplinäre Sommersymposion des Künstlerinnenhofes „Die Höge“ war eins der ersten Projekte, die sich die Initiatorin Barbara Reinhart ausdachte und organisierte. Nun findet es zum fünften Mal statt und keines ist dem anderen auch nur vergleichbar. Die Grundidee ist, dass vier oder fünf Künstlerinnen aus verschiedenen Disziplinen sich einen Monat lang zusammensetzen und dann ein Projekt erarbeiten, das schließlich der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Im letzten Jahr führte das zur Aufführung der „Scheunenoper“.

Doch während die vergangenen Projekte sich unter einem Thema letztendlich doch gemeinsam entwickelten, wird es nun mit dem diesjährigen Projekt „Einschreibungen“ wieder ganz anders. Die Projektleiterin, die Frankfurter Theaterwissenschaftlerin Susanne Winnacker, entschied nach einem winterlichen Besuch auf der Höge: kein gemeinsames Projekt. „Ich habe die Künstlerinnen nach zwei Fragen ausgesucht: Was ist für die gut ,und was ist für die Höge gut? Es sind alles Stadtfrauen, für die die Konfrontation mit der Natur eine Ausnahmeerfahrung bedeutet“.

Mit einer Ausnahme allerdings: Andrea Morein aus Amsterdam wird sich nicht mit der Natur beschäftigen, sondern „einen Kontrapunkt“ setzen. Sie entwirft eine Video- und Lichtinstallation für die Scheune, die sie „Re-Zitationen“ nennt. Morein hat Tagebücher der in Auschwitz ermordeten Schriftstellerin Charlotte Salomon gefunden, mit denen sie, selbst Auschwitzüberlebende in der zweiten Generation, arbeiten will.

Ganz anders die junge Linda Molenaar, ebenfalls aus Amsterdam, die erst einmal ein Bienennest neben ihrem Wohnwagen, in dem sie hier lebt, vollkommen erschreckt hat. Jetzt liegen in ihrer kleinen Küche Schälchen mit toten Bienen, Wespen und Hummeln, alle säuberlich getrennt, einige mutiert zu einer Kette. Die gelernte Bildhauerin wird aus dieser Inspiration einen „Parcours“ gestalten. Die Videokünstlerin Sibille Rother aus Basel geht philosophischer vor: „Die Frau war immer eine Methapher für die Natur und umgekehrt, das muss man natürlich brechen“. Und so rastert sie mit einem Nachtsichtgerät der Polizei die mindestens für Frauen auch bedrohliche Natur ab. Brigitte Bérard und Mileva Josipovic aus Zürich arbeiten seit über fünf Jahren zusammen. Sie machen hauptsächlich in ihren Performances sich selbst zum Thema. „Wir verstehen nicht nur die Landschaft an sich, sondern diese als einen Raum des Menschen“ sagt Bérard. Im „Einschreibungen“-Projekt machen sie sich gegenseitig zu Puppen – auch selbstironisch, wie Josipovic mitteilt.

Erstmals wird es auch nach jeder dieser „Präsentationen“ die nacheinander ablaufen, eine „talkart“, ein anschließendes Gespräch mit dem Publikum geben: „Wir suchen Risiko und Auseinandersetzung“, sagt Susanne Winnacker, „und es wird schon spannend sein, wie und ob das Publikum das so empfindet“. Was ist denn als Dramaturgin ihre Funktion, wenn alle isoliert arbeiten? „Es gibt unendlich viel zu tun, Gespräch um Gespräch und vor allem dramaturgische Beratung“. usl.

„Einscheibungen“. Symposion des bei Bassum gelegenen Künstlerinnenhof „Die Höge“, 27.-29. Juli, jeweils um 20 Uhr. Informationen: Tel.: 04249-1377. Nach Voranmeldung steht ab dem Bahnhof Syke ein Bustransfer zur Verfügung

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