: Holzmann wartet auf Schröder
Die Sanierung des Baukonzerns auf Kosten der Beschäftigten ist noch nicht abgeschlossen. Vorstandschef mahnt die versprochenen Darlehen des Bundes an
FRANKFURT/M. taz ■ Hey, Kanzler! Rück die Kohle raus! So direkt hat sich der Vorstandsvorsitzende der Philipp Holzmann AG, Konrad Hinrichs, gestern auf der Bilanzpressekonferenz des Baugiganten in Frankfurt zwar nicht ausgedrückt. Aber er zeigte sich durchaus verärgert: „Noch kein Pfennig aus Berlin“ sei in die Sanierungskasse des Konzerns geflossen, echauffierte sich der Sanierungsexperte. Dabei müsse sein angeschlagenes Unternehmen schon seit Monaten „Bereitstellungszinsen“ für das von Bundeskanzler Gerhard Schröder zugesagte Darlehen in Höhe von 150 Millionen Mark an die dem Bund gehörende Kreditanstalt für Wiederaufbau zahlen.
Erst auf das Kanzlerwort am 24. November 1999 hin hatten sich die Gläubigerbanken bewegen lassen, dem zwischen Vorstand und Betriebsrat ausgehandelten Sanierungsplan zuzustimmen. Danach hatten die Holzmänner ihren Kanzler vor der Konzernzentrale gefeiert.
Den Konflikt mit der Bundesregierung wagte der Konzernchef gestern aber doch nicht. Sicher werde der Finanzminister das Darlehen „in den nächsten Tagen“ überweisen und die auch zugesagte Ausfallbürgschaft in Höhe von 100 Millionen Mark zeichnen, sagte er. Ansonsten sei die Sanierung des Konzerns zwar noch nicht abgeschlossen, aber man liege – gemessen an den Zielvorgaben – „gut in der Zeit“.
Eine der Zielvorgaben hat der neue Vorstand bereits erfüllt: Knapp 4.000 Arbeitsplätze wurden bei Holzmann im ersten Halbjahr 2000 abgebaut. Und weitere „marginale Korrekturen“ am aktuellen Beschäftigungsstand von rund 28.5000 weltweit sollen nach einer „Qualitätskontrolle“ in allen Unternehmen des Konzerns noch in diesem Jahr erfolgen, wie Hinrichs erklärte. Entlassen werden wird danach noch weiter: in all den Firmen, an denen Holzmann noch Anteile hält. Die 600 Beteiligungen im In- und Ausland sollen laut Sanierungsplans auf nur noch rund 300 reduziert werden: „durch Veräußerung, Verschmelzung oder Liquidation“. Bis heute allerdings hat der Vorstand erst 35 Beteiligungen verkauft. Nicht zuletzt deshalb kommt die Sanierung der Bilanz nur schleppend voran. Im Krisenjahr 1999 wurde schließlich ein Verlust in Höhe von 2,71 Milliarden Mark „erwirtschaftet“.
Auch im ersten Halbjahr 2000 schreibt das Unternehmen noch immer rote Zahlen. Über die Höhe der aktuellen Verluste schwieg sich Hinrichs aus, räumte aber ein, dass der Fehlbetrag um 54 Millionen Mark höher ausgefallen sei als im Sanierungsplan prognostiziert. Das Baugeschäft, konstatierte er, sei eben „immer ein Risikogeschäft“.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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