: Hereingeflattert!
Zehn Trafo-Stationen der HEW wurden für Fledermäuse und diverse Vogelarten umgebaut ■ Von Birgit Wärnke
Die gelben Schilder sollen allenfalls Menschen abschrecken: „Hochspannung“ und „Vorsicht Lebensgefahr“ steht auf der Metalltür, ein Relikt aus der Zeit, als das Fischbeker Türmchen noch von den Hamburgischen ElectricitätsWerken genutzt wurde. Inzwischen ist der rote Klinkerbau Teil des BUND-Projekts „Artenschutz in der Großstadt“ – er gehört zu den zehn ausgedienten HEW-Transformatorenstationen, die bisher zu Quartieren für Fledermäuse und diverse Vogelarten umgebaut wurden.
Projektleiter Simon Bower besucht die transformierten Trafo-Häuschen in regelmäßigen Abständen. „Vor anderthalb Jahren flogen zwei Abendsegler in mein Zimmer“, erzählt der 31-Jährige. „Das war für mich das Zeichen, das Fledermausprojekt zu machen.“ Dazu gehören auch Diavorträge und nächtliche Führungen, mit denen der Biologe und seine ehrenamtlichen Mitarbeiter Vorurteile abbauen und auf die Bedrohung der Fledermäuse hinweisen will. Insekten, Hauptnahrungsmittel der fliegenden Kleinsäuger werden zunehmend knapp, mangelnde Unterschlupfmöglichkeiten machen ihnen zu schaffen: In den Wäldern fehlen Altholz und „Einzelbäume mit Spechthöhlen“; Mauern, Dächer und Keller werden nahezu überall verriegelt und abgedichtet.
Um der Wohnungsnot der nachtaktiven Flatterer abzuhelfen wurden am Fischbeker Turm unter dem Dachsockel Bretter befestigt, die als Schlafplatz dienen sollen. Das Dach mit seinen Einflugöffnungen kann als Sommerquartier genutzt werden, und der erste Stock wurde innen ebenfalls mit Brettern verschalt: „Die Fledermausarten, die es in Hamburg gibt, sind Spaltenbewohner. Sie quetschen sich zwischen das Brett und die Wand“, erklärt Biologe Bower.
Das Gebäudeinnere sollen sich die Fledermäuse mit anderen fliegenden Bewohnern teilen. Eine Treppe höher wurde ein großer Kasten installiert – für Schleiereulen. Die allerdings sind hier noch nicht eingezogen und auch die im Türmchen verteilten Nisthilfen warten noch auf hausbrütende Vogelarten. Ob wenigstens die Fledermäuse das neue Wohnungsangebot nutzen? Bower kann es nicht sagen. „Um das genau zu überprüfen, müßte ich nachts mit einem Detektor vorbeikommen, der die Ultraschallrufe der Fledermäuse für uns hörbar macht.“ Für alle Fälle überträgt er halbstündig aufgezeichnete Daten zu Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf seinen Laptop. Die sollen mit den Daten der anderen Wohnprojekte verglichen werden, um festzustellen, welche klimatischen Bedingungen die fliegenden Säugetiere bevorzugen.
Auch wenn noch keine Familien eingezogen sind – Bower ist geduldig: „Fledermäuse sind traditionsbewußte Tiere“, sagt er. „Die müssen erst herausfinden, dass die jahrelang gesperrten Trafohäuser nun für sie zugänglich sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen