: Gerichte sollen auf Eltern hören
Mit Klagen vor Hamburger Verwaltungs- und Bundesverfassungsgericht wollen Eltern die Schwerhörigenschule behalten ■ Von Sandra Wilsdorf
Die Eltern der schwerhörigen Kinder kämpfen weiter. Nun sollen Hamburger Verwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht verhindern, was Schulbehörde und Senat beschlossen haben: Die Zusammenlegung der Schwerhörigenschule mit der Schule für Gehörlose (taz hamburg berichtete). Dagegen klagen die Eltern von drei Kindern. Eine Mutter zieht vor das Bundesverfassungsgericht, zwei Elternpaare versuchen es vor dem Verwaltungsgericht.
„Ich fürchte, dass meine Tochter nicht mehr so gut lautsprachlich gefördert wird wie bisher“, sagt Sabine Louvet, die ihre achtjährige Tochter Manon in Karlsruhe vertritt. „Ich möchte, dass die Schwerhörigenschule bleibt und meine Tochter nicht mit Gebärden unterrichtet wird.“
Rechtsanwalt Holger Schwemer vertritt die „Eltern-AG für mehr hörgerichtete Frühförderung“. Sein Argument: „Im Hamburger Schulgesetz ist von beiden Sonderschulen, der für Schwerhörige und der für Gehörlose, die Rede.“ In der Rechtsverordnung vom 5. Juli werden beide zur „Schule für Hörgeschädigte“ zusammengeführt. Schwemers Ansicht nach hätte man dafür das Schulgesetz ändern müssen. „In Hamburg kann man gegen Rechtsverordnungen nicht klagen, deshalb legen wir Verfassungsbeschwerde ein.“ Weil das ein bis zwei Jahre dauern kann, will Sabine Louvet per Eilverfahren die Verordnung außer Kraft setzen lassen und damit die Zusammenlegung verhindern.
Die beiden anderen Eltern versuchen in Einzelfallverfahren vor dem Hamburger Verwaltungsgericht durchzusetzen, dass ihr Kind den gleichen Unterricht erhält wie jetzt. „Das Gericht prüft, ob die Verordnung vor diesem Hintergrund rechtens ist“, sagt Schwemer.
Er ist aber auch dann noch guter Hoffnung, wenn die Gerichte dieser Argumentation nicht folgen sollten: Das Bundesverwaltungsgericht habe nämlich entschieden, dass Maßnahmen zur Schulorganisation verhältnismäßig sein müssten. Ein zu langer Schulweg sei das beispielsweise nicht, die Maßnahme damit rechtswidrig. „In diesem Fall ist unverhältnismäßig, dass sich das Spannungsverhältnis zwischen Persönlichkeitsrecht der Kinder, Erziehungsrecht der Eltern und Schulaufsicht unverhältnismäßig zu Lasten der Eltern und Kinder verschoben hat“, findet der Anwalt. „Denn der Elternwille wird ausgehebelt“, sagt Knud Otte, dessen Sohn mit Hilfe eines Cochlear-Implantates hört und spricht.
Schwemer rechnet damit, dass beide Gerichte über einstweilige Anordnungen noch vor Ende der Sommerferien entscheiden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen