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Ganz nett idyllisch

betr.: „Rechtsradikale Weinseligkeit“ (Rechtsradikalismus in Rheinland-Pfalz), taz vom 27. 7. 00

Es ist jetzt bestimmt schon vier Jahre her, dass mein Sohn mir erzählte, dass er und seine Klassenkameraden Angst hätten auf dem nahe gelegenen Grillplatz ihre Schulabschlussfeier abzuhalten, aus Furcht vor rechtsradikalen Übergriffen.

[...] Ich durfte erfahren, dass ganze Trupps aus umliegenden Großstädten hieraus wandern zum Randalieren und Prügeln, sich auf Parties und in Diskos gezielt Ausländer raussuchen, um sie zu Klump zu schlagen. [...] Naiv, wie ich immer noch sein kann, habe ich gefragt: „. . . und die Polizei? . . .“ Mein Sohn hat seine alte Mutter ausgelacht. „Mama, die kommen doch hierher, weil die hier nichts macht!“ Wir, Freunde und ich, haben dann für diese Party eine Art Bereitschaftsdienst organisiert, und es ging alles gut. Zumindest auf dieser Party. Ich weiß aber von anderen.

Mein Sohn hat sich dann irgendwann in einem Kampfsportstudio angemeldet. Sein Kommentar: „. . . ich weiß genau, dass ich irgendwann dran bin, und dann will ich mich wenigstens wehren können.“ Seine Erfahrung. Und er steht für verdammt viele.

Was mich aber richtig zornig gemacht hat: Die Schule meines Sohnes hatte gerade kein anderes Problem, als ihren Abgangsschülern das Tragen eines selbstentworfenen T-Shirts zu verbieten. Darauf war eine Zeichnung, übrigens eine total gute, mit einem Teenie aufm Klo und drunter stand: wir drücken ab. Begründung der Schule: offensichtlicher Hinweis auf Onanie (wo sie den her hatten, weiß ich nicht), und die Eltern mögen solche Schmutzigkeiten nicht.

Jedem Schüler drohte Schulverweis bei Tragen dieses T-Shirts! Na, wenn die sonst keine Probleme haben. Ansonsten ist hier alles ganz nett idyllisch. EVITA HAUPT, Herold

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