: Abschiebung ins restliche Deutschland
Büro der Ausländerbeauftragten appelliert an AfghanInnen, Asyl zu beantragen ■ Von Sandra Wilsdorf
Die Innenbehörde und das Büro der Ausländerbeauftragten singen im Duett: In Hamburg lebende Afghanen sollen sich bitte ins geordnete Asylverfahren begeben. Darum hat Horst Tietjens, Dienststellenleiter der Ausländerbeauftragten Professor Ursula Neumann, die afghanischen Vereine in Hamburg, per Brief „von Herzen“ gebeten. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) findet das sowieso gut, denn nur wenn Flüchtlinge im Asylverfahren sind, können sie auf andere Bundesländer verteilt werden.
In Hamburg leben vergleichsweise viele Afghanen, momentan etwa 17.000. Tietjens versucht ihnen das Asylverfahren schmackhaft zu machen, „möglicherweise um den Preis der Verteilung in ein anderes Bundesland“. Er verweist auf den Innensenator, laut dem in Hamburg nur 20, in Hessen aber 83 Prozent der Afghanen, die ins Asylverfahren gingen, immerhin eine Duldung nach Paragraph 53 Ausländergesetz bekämen. Damit werde beispielsweise nicht abgeschoben, wenn das Gefahr für Leib und Leben bedeuteten würde. Eine solche Duldung kann theoretisch in eine Aufenthaltsgenehmigung münden. In Hamburg leben viele Afghanen nur mit Gästestatus und sollen bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit abgeschoben werden.
Denn nach Behördenverständnis gibt es die Möglichkeit der „freiwilligen Rückkehr“. Abschiebungen scheitern momentan nur an fehlenden Reisewegen nach Af-ghanistan. Das könnte sich nun ändern. Tietjens weist die afghanischen Vereine darauf hin, dass Pakistan signalisiert hat, dass es Transitvisa erteilen würde. Somit könnten die Afghanen über Pakistan und dann weiter auf dem Landwege in ihre Heimat abgeschoben werden.
Norbert Smekal, Sprecher der Ausländerbehörde, versichert: „Das hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Abschiebungen“. Denn abgeschoben würde nur ins Heimatland, und dass BGS-Beamte Flüchtlinge über den Landweg nach Afghanistan begleiten würden, sei nicht praktikabel.
Tietjens weist den Eindruck von sich, Wrocklages Erfüllungsgehilfe zu sein. „Aufenthaltsrechtlich kann ich demjenigen keine Perspektive bieten, der nicht durch das Asylverfahren gegangen ist“, sagt er. Denn selbst wenn man irgendwann Härtefallregelungen zulassen und beispielsweise für Frauen die Rückkehr nach Afghanistan als unzumutbar erklären würde, dann gelte auch das nur für die, die im Asylverfahren waren.
Aber das ist Spekulation. Momentan werden Afghanen maximal geduldet. Das kritisiert der Arbeitskreis Asyl und fordert, dass Hamburg, gemeinsam mit anderen Bundesländern, sich dafür einsetzt, Afghanen als Bürgerkriegsflüchtlinge anzuerkennen. „Und wir würden uns wünschen, dass sich beispielsweise Tietjens zum Fürsprecher einer solchen Initiative macht“. In der „bitteren Hamburger Realität“ hält allerdings auch der AK Asyl es für das Klügste, wenn Afghanen Asylanträge stellten.
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