: Autonomieplan für Sri Lankas Tamilen
Präsidentin Chandrika Kumaratunga will den Tamilen-Konflikt per Verfassungsreform beenden. Der buddhistische Klerus droht jedoch mit Hungerstreik, die Opposition hat ihre ursprüngliche Zustimmung bereits zurückgenommen
DELHI taz ■ Sri Lankas Regierung hat gestern die Vorlage für eine neue Verfassung vor das Parlament gebracht. Damit hat Präsidentin Chandrika Kumaratunga ihren raschen Fahrplan für eine politische Lösung des ethnischen Konflikts durchgesetzt. Es ist das erste Mal seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor 17 Jahren, dass eine Regierung den ethnischen Konflikt mit einer tief greifenden Reform politisch zu lösen versucht.
Die Vorlage sieht die auf zehn Jahre begrenzte Vereinigung der Nord- und Ostprovinz vor, in denen die Tamilen die Mehrheit bilden. Auch sollen die Provinzen mehr Vollmachten erhalten. In der Zentralregierung soll die Macht künftig statt bei einer starken Präsidentschaft in den Händen einer vom Parlament kontrollierten Premierministerin liegen.
Kumaratunga begründet die Eile, mit der sie die Vorlage nach fünf Jahren Hin und Her plötzlich in wenigen Monaten zur Abstimmungsreife brachte, mit dem Ende der Parlamentsperiode am 24. August. Angesichts des militärischen Patts im Krieg mit den tamilischen Separatisten der LTTE will sie endlich eine politische Alternative präsentieren.
Doch nicht nur die LTTE lehnt ihre Reform ab. In den letzten Wochen machte vor allem der buddhistische Klerus mit seinen 27.000 sinhalesischen Mönchen gegen diesen „Beginn einer Teilung Sri Lankas“ mobil. In letzter Minute flog die Präsidentin am Dienstag in die alte Königsstadt Kandy, dem Zentrum der größten Orden. Doch selbst wenn es ihr gelingen sollte, deren Vorsteher zu überzeugen, drohen bereits hunderte Mönche mit Hungerstreik.
Fraglich ist auch die parlamentarische Zweidrittelmehrheit. Die Oppositionspartei UNP, deren Zustimmung die Regierung nach langen Verhandlungen Anfang Juli sichern konnte, machte inzwischen eine Kehrtwendung mit der Begründung, sie könne die Vorlage nicht unterstützen, solange der Klerus diese nicht akzeptiere. Die UNP fürchtet, von den Mönchen bei den bevorstehenden Wahlen als Verräter gebrandmarkt zu werden. Dann könnten die sinhalesischen Wähler in die Arme zweier radikaler Sinhalesen-Parteien laufen. Bisher hatte die UNP die Verfassungsvorlage unterstützt aus Angst, Kumaratunga könnte schwankende UNP-Abgeordnete auf ihre Seite ziehen. Der Präsidentin fehlen ein Dutzend Stimmen, sofern die gemäßigten Tamilenparteien ihrer Koalition der neuen Verfassung zustimmen. Das ist jedoch nicht sicher. Für sie geht die Vorlage nicht weit genug. BERNARD IMHASLY
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