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Shell-Geiseln frei

In Nigeria will der Ölmulti jetzt mit lokalen politischen Führern über die Forderungen der Kidnapper verhandeln

LAGOS/NAIROBI dpa ■ Die 165 Mitarbeiter des Ölkonzerns Shell, die sich fünf Tage lang in der Gewalt militanter Jugendlicher im Nigerdelta befanden, sind am Freitag freigelassen worden. Wie ein Firmensprecher am Samstag in Lagos sagte, haben die rund 30 bewaffneten Geiselnehmer die beiden Bohrstationen im Bundesstaat Bayelsa bereits am Freitagnachmittag verlassen. Den Freigelassenen, unter ihnen auch fünf Briten und sieben US-Bürger, gehe es gut. Sie befänden sich auf dem Heimweg.

Die Mitarbeiter seien am Samstag von einer neuen Besatzung auf den Bohrstationen abgelöst worden, gab die Ölfirma bekannt. Die Transport-Hubschrauber sollten die 165 freigelassenen Männer auf dem Rückweg nach Lagos bringen. Bereits am frühen Samstag waren die Mitarbeiter aus der Luft mit Nahrungsmittelpaketen versorgt worden. Die Helikopter waren aus Sicherheitsgründen nicht gelandet.

Am vergangenen Montag hatten nach Angaben des Konzerns rund 30 Jugendliche vom Stamm der Ijaw die Stationen, rund 100 Kilometer nördlich der Ortschaft Port Harcourt, besetzt. Sie hatten von der Ölfirma Arbeitsplätze und eine „Kompensation“ von umgerechnet rund 10.000 Mark gefordert. Nachdem Vermittler der Ölfirma Verhandlungen mit lokalen politischen Führern zugestimmt hatten, sollten die Geiseln bereits am Donnerstag freigelassen werden.

Die Verhandlungen zwischen Shell und den Aktivisten im Nigerdelta sollen am 15. August beginnen. Wie Shell-Sprecher Bisi Ojeideran jedoch betonte, weigere sich die Ölfirma, den Kidnappern die gefordete Summe zu bezahlen. „Wir könnten dadurch andere Jugendliche zu weiteren Entführungen motivieren“, begründete er die Entscheidung. Sabotage- und Gewaltakte gegen die Ölkonzerne sind im Südosten Nigerias keine Seltenheit. Es gibt so gut wie keine Polizeigewalt. Die Region wird weitgehend von bewaffneten Jugendgangs beherrscht.

Shell ist der größte multinationale Ölkonzern in Nigeria. Im Südosten des Landes wird etwa die Hälfte der täglichen Ölfördermenge von rund zwei Millionen Barrel durch die Anlagen des Konzerns gewonnen. Die Region erzielt mit ihren Erdöleinnahmen etwa 90 Prozent der Deviseneinnahmen des Landes. Ihre sechs Bundesländer besitzen jedoch landesweit die schlechteste Infrastruktur. In den vergangenen Jahren haben die Ölkonzerne zahlreiche Hilfsprogramme für die Region mitfinanziert. Doch ein Großteil ihrer Kompensation verschwand in den Kassen der Regierung.

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