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Subventionierte Heuföhne

Von wegen Förderung von Sonnenenergie: Bauern, die ihr Futtergras mit riesigem Energieaufwand maschinell trocknen, können mit EU-Geldern rechnen

MÜNCHEN taz ■ Die Rindviecher sehen nur das Positive: Immerhin schmecken ihnen die Grascobs – Stäbchen aus maschinell getrocknetem und gepresstem Heu – super. Anders geht es den Anwohnern von Trocknungsanlagen. Einigen stinkt die Heißluftfuttertrocknung so sehr, dass sie dagegen vor Gericht ziehen.

Ein Beispiel ist die Futtertrocknungsanlage in Mindelheim, über die das Landgericht Memmingen und das Verwaltungsgericht Augsburg bereits verhandelt haben. Vier Mindelheimer klagen wegen ihrer Ansicht nach unzumutbarer Geruchs- und Lärmbelästigung. Beide Gerichte wollen weitere Gutachten abwarten, Urteile haben sie noch nicht gefällt.

76 Futtertrocknungsanlagen gibt es in Deutschland. Sie trocknen meist frisches, junges Gras in einer riesigen Trommel, die von einer offenen Flamme beheizt wird. Die Eingangstemperatur liegt heutzutage bei ungefähr 700 Grad. Die gehäckselten Grasschnipsel werden anschließend zu fast fingerdicken Würstchen gepresst und abgekühlt: fertig sind die Grascobs. Aus fünf Tonnen Gras und 200 bis über 500 Liter Heizöl oder der entsprechenden Menge Erdgas werden im Schnitt eine Tonne Grascobs und vier Tonnen Wasserdampf. Zum Pressen und Kühlen ist auch noch elektrische Energie erforderlich.

Ein aufwendiges Verfahren, ökologisch betrachtet. Ökonomisch gesehen rentiert sich die Heißlufttrocknung jedoch fast immer. Futtertrocknungsanlagen verlangen sechs bis 17 Mark pro Doppelzentner. Wer mit Erdgas heizt, fährt billiger, Heizöltrocknungen haben höhere Unkosten. Unter neun Mark pro Doppelzentner Cobs rechnet sich die Heißlufttrocknung auf jeden Fall, rät die staatliche Landwirtschaftsberatung in Bayern.

Die Cobs enthalten verhältnismäßig viel Rohprotein und Beta-Carotin. Sie brauchen wenig Platz, sind gut zu lagern. Viele Bauern beteuern, dass die Cobs-gefütterten Kühe mehr Milch geben. Die Landwirte haben kaum Arbeit und kein Wetterrisiko im Vergleich zur Heu- oder Silagebereitung.

Und: Sie zahlen nicht mal den vollen Preis für die Futtertrocknung: 13 Mark pro Doppelzentner Cobs schießt die Europäische Union zu. Als 1972 die Anchovisschwärme vor der peruanischen Küste ausblieben, gab es wenig Fischmehl. In der Folge verteuerten sich die übrigen Eiweißfuttermittel. Im Juni 1973 verbot die amerikanische Regierung die Ausfuhr von Sojaschrot. Von dieser Notlage profitierten die von der Ölkrise gebeutelten Futtertrocknungsanlagen. Um die Eiweißversorgung in Europa zu sichern, subventioniert die EU die Heißluft-Futtertrocknung seit 1974. In Bayern zahlt der Staat einen Teil der Personalkosten für die Futtertrocknungen, die alle als bäuerliche Genossenschaften organisiert sind. Und wenn die Bauern geschickt abrechnen, verdienen sie auch noch ein bisschen an der Mehrwertsteuer.

„So ein Schwachsinn“, sagt Klaus Witzig aus Mindelheim. Er hat sich vor einigen Jahren beim Bund Naturschutz in Bayern gegen die Futtertrocknungsanlagen engagiert. Mit dem Argument, dass man Gras auch in der Sonne trocknen kann, ohne Subventionen und fast ohne Staub- Kohlendioxid- und Aldehyd-Emissionen. Nachdem er sich jahrelang über die verschleiernde Informationspolitik der Behörden und der Futtertrocknungsanlagenbetreiber geärgert habe, hoffe er nun, dass dem Staat bald das Geld für die Subventionen ausgeht. Die Futtertrockner in Mindelheim verweisen dagegen darauf, dass sie in den letzten Jahren Millionen ausgegeben haben für Abgasfilter und eine Hackschnitzel-Heizanlage, die über die Hälfte des Heizenergiebedarfs deckt.

Im vergangenen Jahr tauchten in Brandenburg dioxinbelastete Cobs auf, weil eine Futtertrocknungsanlage mit behandeltem Holz und vermutlich sogar mit Plastikabfall heizte. Dioxin könnte auch aus Bodenkrümeln stammen, die mit dem gemähten Gras angeliefert werden. Betreiber der bayerischen Futtertrocknungsanlagen haben deshalb ein Dioxin-Untersuchungsprogramm gestartet, die Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht. USCHI KLEMENT

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