: Nazi-Umtriebe nicht dulden
Hamburgs Gewerkschaften mobilisieren gegen Fascho-Marsch am 19. August. Kritik an Polizei wegen Nazi-Konzert in Billstedt ■ Von Peter Müller
„Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“: Unter diesem Motto ruft der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Hamburg für den 19. August erneut – wie schon einmal am 4. Juni – zu einer antifaschistischen Kundgebung auf dem Gänsemarkt auf. Das hat der Kreisvorstand gestern auf Initiative der IG Metall beschlossen. „Die Kundgebung ist angemeldet“, so DGB-Chef Erhard Pumm.
Für denselben Tag hat der Hamburger Neonaziführer und Ex-Vizechef der verbotenen Nationalen Liste, Christian Worch, zu einen Nazi-Aufmarsch durch die Hamburger City aufgerufen. Die Stadt könne sich „diese faschistischen Untriebe nicht leisten“, empört sich Hamburgs IG Metall-Chef Bernhard Janßen. „Es heißt jetzt, für Demokratie und Toleranz und gegen Rechtsextremismus und Gewalt Flagge zu zeigen.“
Der Gewerkschafter ist noch immer in Rage darüber, dass die Hamburger Polizei am Samstagabend ein als „Verlobungsfeier“ getarntes „Blood & Honour“-Skin-Konzert im Billstedter Legiencenter nicht verhindert hat – weil es sich angeblich um eine „private Feier“ gehandelt habe. „Das ist ein unhaltbarer Zustand“, schimpft Janßen. „Was in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern möglich ist, muss auch in Hamburg gemacht werden – das werden wir auf der Kundgebung deutlich sagen.“
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es seit März 1999 einen „Konzerterlass“ des Innenministeriums. Dieser gibt vor, wie die Polizei mit als Privatfeiern getarnten Rechtsrockkonzerten umzugehen hat, wenn ein Verbot aus Zeitgründen nicht ausgesprochen werden kann: „Auflösung laufender Veranstaltungen, Razzien, Gewahrsamnahmen, Platzverweise, Beschlagnahme und Sicherstellung von Gegenständen, Auflagen, Vorkontrollen.“
Obwohl in Hamburg ein solcher Konzerterlass nicht existiert, hätte die Polizei dennoch gegen das Konzert mit der „Blood & Honour-Band „Noie Werte“ vorgehen können. „Das war eine öffentliche Versammlung“, meint der Hamburger Rechtsanwalt Christian Busold, Referent für Innere Sicherheit der grünen Bundestagsfraktion. „Es ist unerheblich, ob es ein geschlossener Saal ist.“ Denn zur Veranstaltung war kein bestimmter Personenkreis, sondern eine „unbestimmte Vielzahl“ geladen. „Wer Glatze war, konnte rein“, so Busold. „Ein kreativer Polizeiführer hätte das Konzert mit politischer Rückendeckung zur Gefahrenabwehr auflösen können.“
„Das Etikett ist nicht entscheidend“, meint auch Versammlungsrechts-Kommentator Michael Kniesel, wenngleich der frühere Bonner Polizeipräsident die „blöde Rolle der Polizei“ bei Rechts-Konzerten nicht verkennt. Die Polizei müsste konkrete Anhaltspunkte für Straftaten wie Volksverhetzung haben, einfache Rückschlüsse auf Konzerte im Vorfeld reichten tatsächlich nicht aus.
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