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Zu viel Bremischer Diäten-Geist

■ Nur noch 80 Abgeordnete soll die Bremische Bürgerschaft bald haben / Bremerhaven wacht eisern über die Zahl seiner Mandate

Bis 2003 soll die Bürgerschaft von 100 auf 80 Parlamentarier schrumpfen. Seit März kam der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss allerdings nicht mehr zusammen – die Reform stockt. Knackpunkt bislang: eine mögliche Diätenerhöhung für Parlamentarier. Die nächste Streitfrage, wieviel Mandate für Bremerhaven bleiben sollen, wurde bislang noch nicht mal erörtert. Die taz fragte nach – beim Bremerhavener CDU-Chef Michael Teiser .

taz: Die Parlamentsreform hakt gerade, weil die SPD die mit der CDU abgesprochene Diäten-Erhöhung jetzt nicht mehr mitmachen will.

Michael Teiser:Es ist ja nicht so, dass die CDU die Gelegenheit nutzen will, massiv oben drauf zu satteln. Es muss aber ein Signal geben, dass es ein anderes Parlament sein wird. Sonst glauben alle, dass zu den gleichen Bedingungen auch 50 oder 40 Abgeordnete arbeiten könnten. Schließlich schaufelt sich ja auch keiner Reichtümer in die Tasche. Abzüglich der nächsten Diätenerhöhungen kommen vielleicht noch 200 Mark dazu.

Die SPD möchte jetzt lieber sparen, auch wenn manche Genossen das vor einem Jahr noch anders gesehen haben. Koalitionsbruch würde die CDU wegen 200 Mark aber nicht riskieren?

Nein, natürlich nicht. Aber Unseriosität ist das Schlimmste, was einem in einer Koalition passieren kann. Deshalb werden wir unsere Position halten. Die SPD soll erst mal Farbe bekennen, warum sie das was seinerzeit per Unterschrift durch die SPD abgesegnet wurde, jetzt nicht mehr einhalten will.

Strittig ist auch Bremerhaven, das durch sinkende Einwohnerzahlen mit seinen Mandaten seit Jahren überrepräsentiert ist. Wie will man Bremerhaven in der Parlamentsreform denn berücksichtigen?

Aus Bremer Sicht könnte man jetzt natürlich die Möglichkeit nutzen und das beseitigen. Aber es gibt unterschiedliche Auffassung zwischen den Vertretern Bremerhavens und Bremens, wie man das berechnet.

Welche Variante bevorzugen Sie?

Man kann das Spitz-auf-Knopf nach Einwohnerzahlen berechnen. Das würde Bremerhaven natürlich stärker treffen. Unsere Auffassung ist aber, dass man das in Relation kürzen sollte: Wenn man die Mandate um 20 Prozent senkt, dann streichen wir auch die Bremerhavener Mandate um 20 Prozent und bekommen in Zukunft 16 Sitze.

Und anders gerechnet?

Nach der Einwohner-Theorie käme Bremerhaven auf 14,8 Sitze. Aufgerundet also 15 Bremerhavener zu 65 Bremer Sitzen.

So riesig ist der Unterschied ja nicht.

Nein. Es geht nur um ein Mandat. Aber Lokalpatriotismus hin oder her: Mit Mathematik hat das nichts zu tun. Mit Einwohnerzahlen auch nicht. Da muss man irgendwie einen politischen Kompromiss finden.

Was hat das für Auswirkungen auf die Fraktionen?

Bei den kleinen Parteien könnte es immer sein, das sie ein Mandat nicht kriegen. Die Bremerhavener Grünen zum Beispiel würden ihre Mandate wahrscheinlich halbieren.

Man wird den Eindruck aber nicht los, die Parteien wollten an das Thema nicht ran.

In den Fraktion – zumindest bei uns – ist das noch nicht sehr ausgiebig diskutiert worden. Es kommt ganz darauf an, wie stark der Bremerhavener Lobbyismus in den einzelnen Fraktionen ist. Denn auch wenn die Relation bleibt, mit 20 Prozent weniger Abgeordneten aus Bremerhaven wird unser Einfluss auch nicht gerade größer. Welcher Bremerhavener kann dann eigentlich noch in welchem Ausschuss, in welcher Deputation tätig sein, wo in der Regel der Bremische Geist herrscht.

Wird Bremerhaven zum nächsten heißen Eisen im Ausschuss?

Wir werden natürlich versuchen, so weit wie möglich Bremerhavener Interessen zu vertreten. Aber man muss auf dem Boden bleiben. Es ist ja nicht so, dass Bremerhaven deswegen gravierend an die Seite gedrückt würde.

Fragen: Dorothee Krumpipe

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