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Bunker mit Vorwarnzeit

Trotz neuer Nutzungen als Museen oder Event-Orte sollen die Bunker der Stadt im Krisenfall Schutz für die Bevölkerung bieten. Doch nicht alle sind auf den Super-GAU eingestellt. Warum auch?

von VERENA LAUDAHN

Sirenengeheul erfüllt den Raum, brummend arbeiten Luftfilteranlage und Notstromaggregate. Das bläuliche Licht der Deckenbeleuchtung fällt auf dicke, weiße Betonwände, zwölf Tonnen schwere Stahltore und lange Reihen von dreistöckigen Pritschen aus Stahlrohr und Segeltuch. Zehn Meter unter der Straßendecke des Kurfürstendamms können Besucher der Erlebnisausstellung „Story of Berlin“ die Situation in einem Strahlenschutzbunker während eines Atombombenabwurfes hautnah miterleben.

Doch nicht alles ist Inszenierung, sagt Hans Maierski, der Chef der Ausstellung: „Der Bunker ist ein Original. Er wurde während des Kalten Krieges in den 70er-Jahren gebaut und würde im Ernstfall 3.500 Personen Schutz bieten.“ Aber wie am Ku’damm sind in der Stadt auch andere Bunker zu Museen oder Event-Orten umgerüstet. Und deren sofortiger Kriseneinsatz damit nicht gesichert.

Für Hans-Joachim Beuke, bei der Senatsbauverwaltung zuständig für insgesamt 23 oberirdische und unterirdische „öffentliche Zivilschutzanlagen“ auf West- und Ostberliner Gebiet, ist das kein Problem: „Seit der Wende sind alle Planungen aus den Zeiten des Kalten Krieges hinfällig. Man muss bei der Nutzung der Bunker jetzt wirklich umdenken.“ Laut einer Anweisung des Bundesamtes für Zivilschutz sei die „friedensmäßige Nutzung“ der Bunker durchaus möglich – allerdings mit einer Einschränkung: Die Anlage muss „im Gefahrenfall schnell und uneingeschränkt zur Verfügung stehen“.

Doch der Einsatz ist fragwürdig: „Im Falle einer ernsten Krise müssten wir den Bunker innerhalb eines Tages räumen, dann ist er wieder voll einsatzfähig“, sagt Maierski. „Bei einer atomaren Katastrophe könnten die Menschen 10 bis 14 Tage im Bunker überleben.“ Nach Ablauf dieser Frist sei der Bunker allerdings „verbraucht“, weil die Luftfilteranlage verstopft und die Vorräte an Dieselkraftstoff für das Notstromaggregat erschöpft wären. Für Maierski sind Atomschutzbunker „eine lächerliche Vortäuschung von Sicherheit“.

Beuke macht noch auf andere Schwierigkeiten aufmerksam: Offen stehen die Zivilschutzräume im Prinzip allen Bürgern Berlins. Doch einen Platz in den fünf atombombensicheren unter den 23 Bunkern fänden nur die ersten 14.822 Menschen. Die übrigen 99,5 Prozent der Bevölkerung müssten draußen bleiben. „Außerdem findet seit der Ost-West-Entspannung kein weiterer Ausbau, sondern nur die Unterhaltung der bestehenden Schutzräume statt“, sagt Beuke. Deshalb stünden die meisten Bunker leer oder würden umgenutzt. „Man rechnet jetzt mit Vorwarnzeiten bis zu einem Jahr, bis sich eine atomare Krise aufgebaut hätte.“

Dennoch glaubt er, dass in bestimmten Situationen einige der Bunker sofort einsatzbereit wären: „Wenn hier in Berlin etwas Ähnliches passieren würde wie das Zugunglück von Eschede, dann könnte man in einigen Bunkern Lazarette für Leichtverletzte einrichten.“ Ebenso könne die Bevölkerung beim Auftreten giftiger Gase durch einen Chemieunfall einige Stunden Schutz in den Bunkern suchen. „Einen Sandfilter für die Luftreinigung haben die alle“, erläutert Beuke.

Der Strahlenschutzbunker unter dem Kurfürstendamm jedenfalls wird als „Ausstellungsstück“ der „Story of Berlin“ in „Alarmbereitschaft“ bleiben.

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