: fakten
Das jüdische Religionsgericht
Seit genau einem Jahr besteht in Konstanz am Bodensee ein orthodoxes jüdisches Religionsgericht – das erste in Deutschland nach mehr als sechzig Jahren.
1938 hatte die nationalsozialistische Regierung mit dem „Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen“ den Synagogengemeinden den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts entzogen und ihnen damit ihre autonome religiöse Gerichtsbarkeit genommen.
Vor dem Religionsgericht werden hauptsächlich Fragen der Religionszugehörigkeit und eherechtliche Fälle verhandelt. Das Gericht, das aus dem Vorsitzenden Rabbinatsrichter und gegebenenfalls zwei weiteren beizuziehenden Richtern besteht, ist nicht in die staatliche Gerichtsbarkeit eingebunden und besitzt auch keine Sanktionsgewalt. Allerdings werden seine Entscheidungen in Israel anerkannt, wo die Religionsgerichte Teil des staatlichen Rechtssystems sind und damit eine wichtige Rolle bei Einbürgerungsverfahren spielen.
Das Konstanzer Rabbinatsgericht eröffnet seine Verfahren nur auf Anfrage. Grundsätzlich sind auch andere Rabbiner zur Rechtsprechung in religiösen Fragen befugt, nur besitzen sie keine Beauftragung durch das Jerusalemer Oberrabbinat und Entscheide auch keine Rechtswirksamkeit in Israel. Inwieweit die Beauftragung durch das Oberrabbinat für die Rechtspflege in der Religionsgemeinschaft bedeutsam ist, wird von deutschen Juden unterschiedlich beurteilt.
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