piwik no script img

Mehr Härte zeigen?

Warum die diskutierten Repressionen im Kampf gegen rechts wenig Erfolg versprechen. Eine Analyse

von OTTO DIEDERICHS

Seit Jahren wird die Diskussion um eine wirksame Bekämpfung des Rechtsradikalismus nicht mehr so heftig geführt wie in den letzten Tagen. Nun hat der Kanzler das „Härte“-Zeigen gestern von Mallorca aus auch noch zur Chefsache erklärt. Aufmerksamkeit ist geboten. Insbesondere die Hardliner unter den Innenpolitikern und -ministern nutzen die günstige Gelegenheit, wieder ihre Repressionsschubladen zu öffnen.

Für Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) etwa hat „die Stunde der Repression“ geschlagen. Er will bekannte Rädelsführer von der Polizei aufsuchen lassen, ihre Telefone abhören, die Szene unterwandern. Allerdings erst „nach der Sommerpause“.

Neu sind diese Ideen und Vorschläge allesamt nicht. Und sinnvoll? Dass ein NPD-Verbot kaum mehr als eine populistische Ankündigung ist, wissen auch jene, die diese Forderung lautstark erheben. Vorhersehbar zögen sich die gerichtlichen Auseinandersetzungen darum über Jahre hin, ein Bestand des Verbotes wäre zudem ungewiss.

Gegen Überfälle auf Ausländer und alle, die irgendwie anders sind, soll die Videoüberwachung präventiv wirken oder zumindest bei einer schnellen Identifizierung der Täter helfen. Das funktioniert wohl kaum. Videoüberwachte Örtlichkeiten sind (noch?) sichtbar auszuweisen. Ohnehin spricht sich so etwas schnell herum. Nur besondere Dummköpfe begehen an solchen Orten Straftaten. Es ist bekannt, dass Videoüberwachung und intensive Kontrollen (durch den Bundesgrenzschutz?) zur Verdrängung der Täter in andere, weniger überwachte Bereiche führen. Alternativen dazu sind: Flächendeckende Installation von Videokameras oder die Empfehlung an potentielle Opfer rechter Gewalt, sich nur in den polizeilich überwachten Bereichen aufzuhalten.

Bei solchen Aussichten sollte man es vielleicht besser mit Werthebach und dem Abhören von Telefonen probieren. Vergessen wird dabei allerdings, dass Telefone nach allen bisherigen Erkenntnissen in diesen Kreisen eine weitaus geringere Rolle spielen als das Internet. Dort finden, den Verlautbarungen der Sicherheitsbehörden zufolge, Informationsaustausch und Mobilisierung zu Aufmärschen statt.

Die konkrete Verabredung zu Straftaten ist zudem weder per Telefon noch via Internet zu erwarten. Soweit sie nicht spontan stattfinden, geschieht solche Planung naturgemäß in geschlossenen Zirkeln. Der Logik der Kriminalitätsbekämpfer folgend, sind solche Kreise also zu unterwandern, um von bevorstehenden Straftaten rechtzeitig genug zu erfahren und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Konsequent blenden sie dabei jedoch stets aufs Neue aus, dass ihre Gewährspersonen selbst aus der rechten Szene stammen und sich an den Planungen aktiv beteiligen müssen.

Bleibt also nur die schnelle und harte Aburteilung festgenommener Täter durch „beschleunigte Verfahren“? Das klingt gut, verschweigt aber, dass solche Verfahren voraussetzen, dass die Beweislage klar und der Täter geständig ist. Zudem darf der Strafrahmen einjährige Freiheitsstrafen nicht überschreiten. Bei gefährlicher Körperverletzung, etwa beim Angriff mit einem Baseballschläger, indes reicht er bis zu 10 Jahren.

Zur wirksamen Bekämpfung des Rechtsradikalismus sind all diese Maßnahmen wenig tauglich. Das wissen natürlich auch jene Politiker, die sie nun erneut ins Gespräch bringen. Warum tun sie es dann? Weil die schöne Gelegenheit da ist, sich ein paar alte Wünsche zu erfüllen und dabei noch Entschlossenheit zu demonstrieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen