Neonazi-Trupp verboten

Hamburgs Innenbehörde löst militante Gruppierung „Hamburger Sturm“ auf. NPD zieht Demo-Anmeldung zurück

BERLIN taz/rtr/afp ■ Die Hamburger Innenbehörde hat gestern die militante Neonazi-Gruppe „Hamburger Sturm“ verboten. Bei Hausdurchsuchungen stellte die Polizei umfangreiches Beweismaterial sicher, darunter Plakate für eine Rudolf-Heß-Kampagne. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) begründet das Verbot damit, der „Hamburger Sturm“ sehe sich in der Tradition des Nationalsozialismus und vertrete rassistische und ausländerfeindliche Ansichten. Den Mitgliedern sei auch die Gründung einer Nachfolgeorganisation verboten worden.

Die rechtsextreme NPD will auf ihre geplante Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2001 verzichten. Die Demonstrationsanmeldung aus der vergangenen Woche sei zurückgezogen worden, „um die hysterische Verleumdungskampagne der Politiker und Medien gegen die NPD zu entschärfen“. Das teilte der Bundesverband am Freitag mit.

Im thüringischen Eisenach wurde zwei Tage nach dem Sprengstoffanschlag auf einen türkischen Imbiss Haftbefehl gegen den 19-jährigen Patrick W. erlassen. Das Amtsgericht Eisenach ordnete Untersuchungshaft an und begründete dies mit dem dringenden Tatverdacht. Der Funktionär der NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten bestreitet die Tat. Die NPD versuchte gestern, ihrem Mitglied ein Alibi zu liefern. Patrick W. sei „im Rahmen einer Verteilaktion von Informationsmaterial der NPD abends unterwegs“ gewesen. Seine Anwesenheit in der Nähe des Tatorts sei „zufällig“ gewesen.

Die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Prüfung eines NPD-Verbots hat gestern auf ihrer ersten Sitzung in Berlin lediglich Termine abgesprochen und einen Fahrplan festgelegt. Die Ergebnisse sollen Mitte Oktober vorgelegt werden.

In mehreren Arbeitsgruppen sollten jetzt die rechtlichen Voraussetzungen eines Verbotsantrags beraten werden, erklärte das Bundesinnenministerium. Die Prüfung eines NPD-Verbotsantrags sei „vordringlich“ und solle „ebenso zügig wie sorgfältig“ erfolgen, hieß es aus dem Ministerium.

Führende Internetunternehmen wollen unterdessen gemeinsam gegen rechte Propaganda im Netz vorgehen. Wie der bundesweite Internetverband e-nef mitteilte, haben sich mehrere Mitgliedsunternehmen zusammengetan, um Zeichen gegen rechtes Gedankengut zu setzen. Auf allen Mitgliederseiten sollten Einblendungen gegen Rechtsextremismus platziert werden. Adressen mit rechtem Gedankengut sollten sofort vom Server genommen werden.

Auch Nordrhein-Westfalen macht mobil gegen den Rechtsextremismus im Internet: Die Bezirksregierung Düsseldorf als landesweite Medienaufsichtsbehörde hat die rund 190 Provider in NRW schriftlich aufgefordert, ihre Dienste nach rechtsextremen Inhalten zu durchforsten und entsprechende Seiten zu entfernen.

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