Der Macher wird gegangen

Hannes Heer, der Leiter der umstrittenen „Wehrmachtsausstellung“, muss gehen.Hans-Jochen Vogel: „Das Grundanliegen der Ausstellung bleibt trotz Fehlern richtig“

BERLIN taz ■ Hannes Heer, erst gefeierter, dann mit Kritik überzogener Inspirator und Leiter der „Wehrmachtsausstellung“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung, muss am Ende dieses Jahres seinen Hut nehmen. So die Meldung in der neuesten Ausgabe des Spiegel.

Im vergangenen Jahr hatte sich Kritik an den Zuschreibungen der in der Ausstellung gezeigten Fotos von Wehrmachtsverbrechen und an den sie erläuternden Textpassagen verschärft. Insbesondere die von dem Historiker Bogdan Musial vorgelegten Beweise, nach denen ein der Wehrmacht angelastetes Massaker unweit Lembergs in Wirklichkeit von einem Erschießungskommando des sowjetischen NKWD verübt worden sei, trug dazu bei, eine Generalrevision der Ausstellung auf die Tagesordnung zu setzen. Ende 1999 gab dann Institutschef Jan Philipp Reemtsma bekannt, dass die Ausstellung geschlossen bleibe, bis eine unabhängige Historikerkommission allen Vorwürfen nachgegangen und eine Empfehlung über das künftige Schicksal der Ausstellung abgegeben habe. Diese Kommission versammelte unter Leitung des Stuttgarter Zeithistorikers Gerhard Hirschfeld namhafte Wissenschaftler, darunter sowohl Kritiker wie Befürworter von Heers Unternehmen. Im November will die Kommission ihr Urteil wie ihre Empfehlungen veröffentlichen.

Der Trennung Reemtsmas von Hannes Heer war eine von Misstrauen und zunehmender Distanzierung beherrschte Phase vorangegangen. Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht die Frage: Korrektur in begründeten Einzelfällen, wie Heer sie vorschlägt, oder völlige Neukonzeption der Ausstellung. Mit dem Weggang Heers könnte diese Frage jetzt vorentschieden sein.

Der Zeithistoriker Reinhard Rürup, einer der Mitglieder der zur Prüfung der Ausstellung berufenen Kommission, teilte der taz gestern mit, bislang habe es keinen Abschlussbericht und damit auch keinerlei Votum der Wissenschaftler gegeben. Und zwar weder zugunsten noch zuungunsten von Heer. Rürup legte Wert auf die Feststellung, dass dieser Abschlussbericht keinerlei Schwarzweißmalerei enthalte und dass seine Empfehlungen detailorientiert sein werden. Die Kommission habe keinerlei Personalentscheidungen vorgeschlagen. Das sei Sache des Hamburger Instituts. Der Vorsitzende des Ausstellungskuratoriums, Hans-Jochen-Vogel (SPD), erklärte gegenüber der taz, dass er vom Weggang Heers unterrichtet worden sei. Der Grundtenor der Ausstellung, nämlich der Nachweis massiver Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht im Osten, sei, so Vogel, unstrittig. Allerdings habe die Ausstellung in der Öffentlichkeit durch Fehler ebenso gelitten wie durch das Zögern bei ihrer Behebung. Vogel verspricht sich vom Bericht der Historikerkommission eine positive Wende in der öffentlichen Meinung.

Hannes Heer wie Jan Philipp Reemtsma waren bis Redaktionsschluss gestern nicht erreichbar. CHRISTIAN SEMLER