: Gericht stoppt Bewag-Übernahme
Die Hamburgischen Electricitäts-Werke dürfen vorerst nicht bei der Berliner Bewag einsteigen. Der Berliner Senat erwirkt eine einstweilige Verfügung und stärkt damit seine Verhandlungsposition gegenüber E.ON. Die HEW sind dennoch optimistisch
von RICHARD ROTHER
Die geplante Übernahme der Aktienmehrheit bei dem Berliner Energieversorger Bewag durch die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) muss zunächst ausgesetzt werden. Der Berliner Finanzsenator Peter Kurth (CDU) hat gestern beim zuständigen Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen die E.ON AG erwirkt. Danach ist es der E.ON untersagt, die vom Land Berlin 1997 erworbenen Bewag-Aktien ohne Zustimmung des Landes weiterzuverkaufen.
„Mit diesem Schritt wollten wir zunächst den Status quo wahren“, sagte gestern ein Sprecher der Finanzverwaltung. Das Land dürfe nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Noch in dieser Woche wollen Senat und E.ON über die Zukunft der Bewag verhandeln.
Berlin hatte den kommunalen Energieversorger, der seinen Strom überwiegend mit umweltschonenden Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) produziert, 1997 vollständig privatisiert. Damals hatte das Land seine Anteile für 2,7 Milliarden Mark an ein deutsch-amerikanisches Konsortium aus Southern Energy, PreussenElektra (Veba) und Bayernwerk (Viag) verkauft. Veba und Viag sind mittlerweile zum neuen Großkonzern E.ON fusioniert. Das Kartellamt hatte die Fusion nur unter der Voraussetzung genehmigt, dass sich E.ON von seinen Bewag-Aktien trennt. Dabei wäre Southern Energy gern zum Zug gekommen, die durch ihren Einstieg bei der Bewag in Europa Fuß fassen wollen und wie die HEW ein Auge auf den ostdeutschen Braunkohleverstromer Veag geworfen haben. E.ON hat sich allerdings aus strategischen Gründen für HEW entschieden.
Die Berliner befürchten nun, dass die HEW ihre Überkapazitäten aus Atomkraftwerken in der Hauptstadt verkaufen will und die relativ teuren, aber umweltfreundlichen KWK-Anlagen deshalb gefährdet sind. Zudem wird ein über das ohnehin beschlossene Maß hinausgehender Arbeitsplatzabbau erwartet. Gewerkschafter sprechen bereits von einer „feindlichen Übernahme“. Ein Arbeitsplatzabbau sei jedoch auf absehbare Zeit nicht geplant, erklärte HEW-Chef Manfred Timm.
Der Berliner Senat fordert, dass die Bewag ein eigenständiger Stromproduzent bleibt. Darüber wird jetzt mit E.ON verhandelt werden. Der Senat hat seine ablehnende Haltung gegenüber den Verkauf durch E.ON schon aufgegeben. „Wir können uns vieles vorstellen“, sagte der Sprecher der Finanzverwaltung gestern. Das Beste wäre, wenn „Southern mit im Boot bliebe“. Die Amerikaner drohen, mit allen juristischen Mitteln gegen den E.ON-Deal vorzugehen. Nach dem Konsortialvertrag müsse Southern einem Anteilsverkauf zustimmen, so Southern. Von E.ON wird dies jedoch bestritten.
Ein HEW-Sprecher zeigte sich indes optimistisch über den Ausgang der Verhandlungen mit dem Berliner Senat. „HEW geht davon aus, dass E.ON alle Vorbehalte des Berliner Senats ausräumen wird.“ Davon werde die strategische Zielsetzung der HEW nicht berührt. Ziel sei, die Bewag und den Standort Berlin zu stärken. HEW-Chef Timm hatte bereits angedeutend, den Sitz des neuen Konzerns nach einerÜbernahme in die Hauptstadt zu verlagern – was in Hamburg bereits Proteste auslöste.
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