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Big Brother in BremerhavenSchaufenster ins Eis

■ Noch bis zum 7. September live-Videoschaltung zu Antarktis-Station des Alfred-Wegener-Institutes

Bremerhaven. Ein wenig erinnert die Szene an „Big Brother“: Zwei Männer und eine Frau unterhalten sich auf dem Sofa; einige Dutzend Menschen schauen ihnen live per TV-Übertragung auf einer großen Videowand zu. Doch das leicht wackelnde Bild zeigt keine Neuauflage der umstrittenen Fernsehshow, vielmehr geht es streng wissenschaftlich zu. Noch bis 7. September überträgt das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung jeden Donnerstag das Geschehen in seiner Antarktis-Station direkt ins Deutsche Schifffahrtsmuseum Bremerhaven. Das Vorhaben „live ins Eis“ ist sogar als Expo-Projekt registriert.

Ein wenig aufgeregt sind die Schüler der Gesamtschule Brinkum-Stuhr schon, die trotz der Sommerferien in das Deutsche Schifffahrtsmuseum nach Bremerhaven gekommen sind. Seit Jahren beschäftigen sie sich in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Thema Polarforschung. Nun können sie sich mit den neun Wissenschaftlern direkt unterhalten, die derzeit auf der anderen Seite der Erde in der Antarktis leben.

Zunächst folgen die Fragen dem eigens vorbereiteten Katalog: „Was machen Sie eigentlich da unten?“, will Melanie wissen. „Wir beschäftigen uns unter anderem mit Grundlagen für die weltweite Klimaforschung“, antwortet Diplom-Meteorologe Thomas Becker und geht weiter ins Detail. Doch die Jugendlichen wollen auch wissen, wie man den Alltag erlebt, wenn man mit einem neunköpfigen Team für mehr als ein Jahr in der Kälte hockt: „Was gibt es heute zu essen?“, hakt Melanie nach. „Rindsgulasch“, antwortet Koch Ralf-Dieter Müller-Homburg. „Möchtest du zum Essen kommen?“

In der Tat erweckt die Fernsehübertragung „live ins Eis“ den Eindruck, als säßen die Wissenschaftler nur im Nebenraum. Die Bilder aus der Antarktis haben durchaus Amateur-Video-Qualität – und das, obwohl sie nicht nur um den halben Erdball, sondern auch noch durchs Weltall reisen müssen. Trotz der gewaltigen Entfernung kommen Bild und Ton aber nur um Sekundenbruchteile verzögert in Bremerhaven an. Moderne Satelliten-Technik mittels einer Funkverbindung von der sechsfachen Leis-tung einer ISDN-Telefonleitung macht es möglich.

Die technische Weltpremiere dient allerdings nicht nur der Unterhaltung: „Für uns sind die Videokonferenzen eine tolle Möglichkeit, unser bereits vorhandenes Datennetzwerk zu nutzen und mit modernster Kommunikationstechnik auszubauen“, sagt AWI-Sprecherin Margarete Pauls.

Für das Expo-Projekt „live ins Eis“ hat das AWI Ernsthaftes mit Unterhaltsamem gekoppelt. „Eines der letzten Abenteuer der Wissenschaft kommt so live auf den Bildschirm“, freut sich Margarete Pauls. Das AWI nutzt die Chance, seine in Fachkreisen weltweit anerkannte Grundlagenarbeit auch Laien verständlich zu machen. Der „Big Brother“-Effekt ist offenbar willkommenes Mittel, Barrieren zur Wissenschaft abzubauen.

Wolfgang Heumer, dpa

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