: Betr.: Die Sehnsucht nach Alltag
Ghassan Barbar (27), Palästinenser aus dem Libanon: Na ja, was heißt arbeitslos. Ich würde liebend gern arbeiten, nur ich darf nicht. Ich habe hier Fachabitur an der Lise-Meitner-Schule gemacht, habe eine Ausbildung als chemisch-technischer Assistent. Vor fünf Jahren bin ich fertig geworden, aber das Arbeitsamt gibt mir keine Arbeitserlaubnis. Mein Asylverfahren läuft schon seit 91. Es ist unglaublich, wie lange das dauert. Man kann seine Zukunft überhaupt nicht planen. Und wohin wollen sie mich denn zurückschicken? Ich bin Palästinenser aus dem Libanon – ich habe keine Heimat. Vor zehn Jahren bin ich vor dem Bürgerkrieg in Beirut nach Berlin geflüchtet, ich war damals 17. Meine Mutter ist einen Monat später nachgekommen. Trotzdem gelte ich für die Behörden als Flüchtling, der minderjährig ohne Eltern eingereist ist – ich verstehe das auch nicht. Ich wohne zusammen mit meiner Mutter in Tiergarten, sie ist sehr krank. Ich kriege Sozialhilfe – es ist eine Schande, dass junge Menschen, die arbeiten wollen, von Sozialhilfe leben müssen. Ich habe an den Senat geschrieben, ich habe an den Bundeskanzler geschrieben und meinen Fall geschildert. Aber bis jetzt habe ich keine Antwort.
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