: Notfalls die Braut schöner machen
Brandenburgs Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß fordert von der Bundesregierung, die Braunkohleschutzklausel schnell abzuschaffen. Aus Veag, Laubag, Mibrag und Bewag soll eigenständiger Energiekonzern in Ostdeutschland entstehen
Interview NICK REIMER
taz: Herr Minister, mit der EnBW meldete sich ein weiterer Kandidat für die Übernahme der Veag an. Welcher ist ihnen am liebsten?
Wolfgang Fürniß: Der, der die Interessen Brandenburgs am besten bedient. Wir brauchen eine Garantie für die dauerhafte Sicherung der ostdeutschen Braunkohleverstromung. Die kann am besten abgegeben werden, wenn der neue Eigentümer ein eigenständiges, ostdeutsches Unternehmen einrichtet, das sich als vierte Kraft auf dem deutschen Strommarkt etabliert. Entstehen soll die Kraft durch eine Fusion aus Veag, Laubag und gegebenenfalls dem mitteldeutschen Pendant Mibrag. Ganz wichtig: Wir brauchen im Os- ten schnell wettbewerbsfähige Strompreise.
Sinkende Preise wird es erst geben, wenn der Veag-Gebietsschutz – die Braunkohleschutzklausel – fällt, damit Wettbewerb beginnt. Wie soll die Veag den Wegfall ihrer Absatzgarantie verkraften?
Anstelle der Klausel soll der Eigentümer zusichern, jährlich mindestens 50 Terawattstunden Braunkohlestrom zu erzeugen. Zweitens wird der ostdeutsche Markt voll in den Wettbewerb integriert. Die Vereinbarung ist mit Bundeswirtschaftsminister Müller so besprochen. Meine Forderung an die Bundesregierung ist, das zügig umzusetzen. Ich möchte, dass der ostdeutsche Verbraucher etwas vom Eigentümerwechsel bei der Veag hat.
HEW und Southern Energy streiten derzeit um die Übernahme der Berliner Bewag. Hat der künftige Bewag-Besitzer die besseren Chancen, auch Veag zu übernehmen?
Am Ende hat der die besseren Karten, der uns das bessere Partnerkonzept bietet. Eine große Lösung – also mit Einbezug der Bewag – ist aber für das Ziel, ein starkes, im Osten agierendes Unternehmen zu etablieren, besser als eine kleine.
Wie wollen sie denn Einfluss auf die Verkaufsentscheidung von Eon nehmen?
Zugegebenermaßen hat Brandenburg bei der Bewag keinerlei Mitsprachechancen. Wir haben aber bei Veag und Laubag durch die Privatisierungsverträge ganz gute Trümpfe in der Hand. Es gibt in Europa keine mit der Lausitz vergleichbar modernen Braunkohlekraftwerke.
Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer hat sich lautstark für Southern Energy als neuen Eigentümer von Bewag und Veag ausgesprochen.
Ich halte die Strategie, nicht Namen, sondern Sachforderungen zu nennen, für die richtige. Der Berliner Wirtschaftssenator Branoner im Übrigen auch.
Der Erlös-Rückgang der Veag von über 32 Prozent wird in hohem Maße von den enormen Abschreibungen für die neuen Kraftwerke erklärt. Muss der Staat noch einmal Geld berappen, um die Konkurrenzfähigkeit der Veag zu sichern?
Ich wünsche mir das nicht. Wir haben aber kein Interesse, das Paket Veag, Laubag und Mibrag aufzuschnüren. Wenn wir die Braut noch schöner machen müssen, bevor wir sie zum Altar führen, müssen wir sie eben schöner machen.
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