Ein orange Sofa für den Spielplatz

140 Kinder mischten gestern den Bundestag auf: Mit Knetgummi und Bildern erklärten sie, was ihnen stinkt

BERLIN taz ■ Sandra malt einen Hund. Vorne hat der Hund eine Kugelschnauze. Hinten hat der Hund einen Schwanz. Unter dem Schwanz dampft ein riesiger Haufen. Dünne Buntstiftlinien, die sich in Luft emporschlängeln, zeigen: Hier stinkt’s. Und das findet Sandra eklig: „Ich hätte am liebsten einen Zaun um unseren Spielplatz, damit da keine Hunde mehr hinmachen.“

Die Zehnjährige ist eines von 140 Kinder aus ganz Deutschland, die gestern im Reichstagsgebäude durch den Plenarsaal drängten und auf die Kuppel kletterten. Denn zum ersten Mal lud die Kinderkommission des Deutschen Bundestags Mädchen und Jungen zwischen fünf und zwölf ein, mit Bundestagsabgeordneten zu diskutieren: Darüber, wie sie sich ihre Schulhöfe wünschen. Oder was sie über Medien denken und wie Politiker Gewalt gegen Kinder verhindern sollen. Und damit die Politiker diese Ideen nicht gleich wieder vergessen, schrieben die Kinder sie auf bunte Schildchen und malten sie auf Papier. Die gesammelten Anliegen überreichten sie dann Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.

„Es ist super, in den Reichstag zu dürfen, wo noch nie Kinder waren“, sagt Hannah (9) aus Kassel. Die gleichaltrige Manal findet, „dass Politiker uns erlauben sollen, Spielplätze so zu bauen, wie wir das gut finden“.

Auch Christel Hanewinckel (SPD), Vorsitzende des Familienausschusses, nennt als Idee für die Aktion „dass Politiker vielfach über die Köpfe der Kinder hinweg Renommierprojekte beschließen“. Dabei wüssten die Kinder viel präziser, was ihnen gefällt: Sandra zum Beispiel hat mit ihrer Freiburger Jugendgruppe einen idealen Mädchenspielplatz nachgebaut: Vier Stangen ragen aus der Erde – „damit wir auch Gummitwist spielen können, wenn mal keine anderen zum Halten der Bänder da sind“. Und gemütlich solle es sein, sagt sie, und zeigt auf eine Knetgummipuppe, die sich auf dem Modellspielplatz in einem orangenen Sofa räkelt.

Eingeladen wurden im Zusammenarbeit mit dem Kinderhilfswerk Klassen und Jugendgruppen, die gemeinsam Projekte entwickelt haben. Wie sie ihre Pausenhöfe, Versammlungsräume und Gärten umgestalten, dokumentiert die Ausstellung „Demokratie wächst mit“ in einem Zelt vor dem Reichstagsgebäude. Und damit die Kinder sehen, dass sie nicht nur medienwirksam die Sommerpause füllen, solle die Aktion im nächsten Jahr wiederholt werden, sagt Hanewinckel. COSIMA SCHMITT