: Geschnatter auf dem Vordersitz
■ PVG macht in Prosa: „Busfahrten – eine literarische Reise“
„Das Lebensgefühl, das in einem Bus herrscht, wäre in der abgeschlossenen Athmosphäre des Autos nicht möglich“, findet der Verkehrsplaner Bernd Dieter Schlangen. Schriftliche Beweise dafür hat er gesammelt und nun mit Hilfe der Pinneberger Verkersbetriebe (PVG) in einem Buch veröffentlicht: „Busfahrten – eine literarische Reise“.
Die Passagen stammen aus acht europäischen Romanen und spielen alle im Bus: Es geht um alltägliche Szenen, etwa um die Aufmerksamkeit, der ein Reisender ausgesetzt ist. Kerstin Ekmann schreibt in „Winter der Lügen: „Der Hallstavik-Bus keuchte im Leerlauf. Geruch nach Wolle, Kies auf dem Boden, Einkaufstaschen, alte Weiber, Schulkinder. Komplett war er aber erst, als jemand zustieg, den man anstarren konnte.“
Die Vorgeschichte der jeweiligen Busfahrten wird in dem Buch nicht erzählt: Die Passagen stehen für sich. Sie erzählen vom Fahrplan Lesen, dem Gefühl als einziger Passagier oder auch von dem unfreiwilligen Belauschen der Mitreisenden. Margriet de Moor schreibt dazu:„Als wir uns Rijnsburg näherten, (...) saßen um mich herum zwei junge Frauen, die hinter meinem Rücken ein Gespräch führten, dessen Vetraulichkeit zweifellos mit dem Singen der dahinsausenden Busreifen zu tun hatte. „Was soll ich denn da machen“, fragte die eine Stimme. „Ich habe die Strümpfe ausgezogen und bin zu ihm ins Bett gestiegen. Er hat sofort seinen Kopf auf meinen Bauch gelegt, aber mir hat es keinen Spaß mehr gemacht.“
Manchmal allerdings ist das Mithören eine Qual, wie in Arno Schmidts Roman „Caliban über Setebos“: „Ihr Geschnatter war mir während der ganzen Zeit schon auf die Nerven gefallen. Und zwar mehr so dies helle rastlose Vierfachgeschwirre hinter mir, als die G'schichteln selber.“
Wem das demnächst in einem PVG-Bus passiert, der kann sich ja mit dem PVG-Buch ablenken.
Henrik Gast
Das Buch ist für fünf Mark im Buchhandel erhältlich, ISBN 3-9295444-93-8.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen