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Es saugt und bläst der Mann

Der Hausmann des Jahres kommt aus Riesa. In Hamburg setzte er sich gegen die Konkurrenz der Bügler und Sauger durch  ■ Von Peter Ahrens

Es gibt einen neuen Popstar: Er heißt Reiner Engelhardt aus Riesa bei Dresden. Die Medien bestaunen ihn, ihre Kameras umringen ihn, denn Reiner Engelhardt kann ein Hemd bügeln – obwohl er ein Mann ist. Das ist eine Gage von 10.000 Mark wert. Und einen Titel: Hausmann des Jahres. Der 27-Jährige aus Ostdeutschland nahm Urkunde und Geld gestern aus Hamburg mit. Ein Mann, der Windeln wechseln, Betten beziehen und Pfannkuchen backen kann. Nicht zu fassen. Ein Held.

Fünf Männer in der Endauswahl, aus 5000 Bewerbern ausgewählt, bei überraschenden Hausbesuchen ge-testet. Kein Norddeutscher ist unter den Besten, aber zwei aus dem Osten. Alle fünf haben Kinder. Und alle behaupten: „Meine Frau hat mich angemeldet.“ Sie treten an zum Shoot Out. Ihre Braut ist nicht das Gewehr, sondern der Staubsauger. Sie müssen schon im Vorfeld für die Fotografen mit dem Sauger im Arm posieren, Interviews dazu geben, wie sie es daheim mit dem Abwasch halten. „Jeder fühlt sich doch wohl, wenn es sauber und ordentlich ist“, sagt Reiner Engelhardt ins Mikrofon. „Bügeln ist nicht so mein Ding, Staubsaugen ist natürlich easy“, gibt Konkurrent Winfried Ritter aus dem Rheinland (Reinland!) Einblicke in Stärken und Schwächen. Die Frau von der Deutschen Presse-Agentur ist vom Hausmann Engelhardt überrascht: „Groß, dunkelhaarig und überaus attraktiv“, meldet sie. Na, so etwas, kein schmächtiges, leidendes Mauerblümchen, wie man erwarten durfte.

Los gehts: Staubsaugerparcours. Zu säubern sind Teppich, Tischdecke und Sessel von Vogelsand und Paniermehl. Den Teilnehmern steht der Schweiß auf der Stirn, die Jury – kompetent zusammengesetzt aus einer Frau vom Hauptsponsor Lux, einer veritablen Uniprofessorin „für Familienwissenschaften“, einer Redakteurin der Frauenzeitschrift bella und einer Frau vom Hausfrauenbund – kontrolliert jeden Krümel, die mitangereisten Partnerinnen auch. Engelhardt liegt schon vorn, die Journa-listInnen scharen sich um ihn, seine Freundin erzählt, dass „er so gut aufräumen kann“. Engelhardt lächelt. Der Rummel ist ihm ein biss-chen unangenehm. „Ist doch eigentlich alles nur ein Spaß“, murmelt er.

Auch im Bügeln ist er nicht zu schlagen. Beim Wäsche aufhängen aber hängt er durch. „Das kennt er nicht so: Wäsche, die im Osten auf die Leine kommt, wird eben nicht so richtig weiß, wegen der Braunkohle“, witzelt ein Radiomann. Beim folgenden Tischdecken für den Kindergeburtstag „kommt es auf die Kreativität an“, fordert der Moderator. Alle fünf Tische sehen anschließend gleich aus: Mohrenköpfe auf dem Teller, Luftschlangen darauf, vor Aufregung verknittert. Die Jury vergibt trotzdem fünf Ränge: Engelhardt und Ritter setzen sich nach oben ab.

Pfannkuchen backen, Windeln wechseln, Bett beziehen – Kopf an Kopf erledigen die zwei Führenden ihre häuslichen Pflichten. Am Ende muss eine Stichfrage entscheiden: „Für wie viele Personen sind Rezepte in Kochbüchern gedacht?“ Engelhardt lässt auch hier nichts anbrennen, antwortet am schnells-ten: Vier.

Eine Frau im Publikum sagt: „Das haben die doch ganz gut gemacht – dafür dass es Männer sind.“

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