Kaffee nur im Stehen

Das Kreuz mit der Bürgernähe: Warum das geplante öffentliche Café im Auswärtigen Amt immer noch eine Baustelle ist

BERLIN taz ■ Nein, das mit dem Kaffeetrinken klappt immer noch nicht. Dabei war es doch so eine schöne Idee: Im neuen Auswärtigen Amt in Berlin entsteht ein Café, so dass das Volk im Vorhof der Macht seinen Cappuccino schlürfen kann.

Die Voraussetzungen waren gut: Der Architekt Ivan Reimann entwarf einen Lichthof, so hell und offen, als hätte er geahnt, dass der Außenminister „Bürgernähe und Servicementalität“ zu den neuen Tugenden des Amtes küren will. Seitdem kann hier jeder von der Straße hereinschlendern, ganz ohne Kontrolle, und ein bisschen flanieren. Doch dort, wo den Plänen zufolge die Kuchentheke stehen soll, blicken die Besucher in ein Loch. Fast ein Jahr ist der Außenminister nun schon im Haus, das Café ist immer noch eine Baustelle.

So weltläufig, so offen deutsche Diplomaten auch sonst immer sein mögen – bei Kaffee und Kuchen war ihre Toleranz erst mal erschöpft. 160 Büros grenzen an den Lichthof und dort, so ist aus dem Amt zu erfahren, fürchtete man Lärm. „Da werden ja nicht täglich tausend Mittagessen ausgegeben, während im Hintergrund Kaffeehausmusik spielt“, verteidigt Reimanns Kollegin Regula Scheibler die Idee, „und bei anderen Gebäuden gehen die Fenster zu einer dreispurigen Straße hinaus.“ Vergebens. Aus Furcht vor Tassen- und Gabel-geklimper ordnete das Ministerium Beschallungsproben an.

Das Café blieb vorerst ein Loch, zumal sich auch die Suche nach dem Pächter schwierig gestaltete. Eine erste Ausschreibung rief 50 Interessenten auf den Plan. Alle sprangen ab, als sie erfuhren, dass sie selbst die Bauarbeiten aufkommen sollten – dafür hatte das Staatsgeld in Zeiten des Sparkurses nicht mehr gereicht. Nach einer zweiten Ausschreibung gibt es jetzt einen Interessenten – unterschrieben hat er aber bisher angeblich nicht.

Bleibt die Furcht vor dem Lärm. In den angrenzenden Büros wurden Auszugsdrohungen ausgesprochen, der Personalrat befasste sich mit der Frage. „Wenn’s den Leuten nicht passt, können sie ja das Fenster zumachen“, rät Reimann. Das Auswärtige Amt griff zur Königslösung aller Diplomaten: dem Kompromiss. Es wird keine Stühle geben, aber Stehtischchen darf der Pächter aufstellen. PATRIK SCHWARZ