: Wie der Gedankenapparat funktioniert
Ein Verlag wirbt für eine Schrift des Scientology-Begründers L. Ron Hubbard über die Grundlagen des Denkens
Ein Mann steht vor einem großen Berg Problemen. Über seinem Kopf schwebt ein dickes Fragezeichen. „Wie sag ich’s Uschi?“, denkt er sich wohl. Vielleicht findet er die Antwort in dem Buch „Scientology“ von L. Ron Hubbard. Auf Stelltafeln wird mit diesem Anzeigenmotiv seit Wochen kräftig für die Schrift des Scientology-Gründers geworben.
Ungefähr seit die Bundesregierung in der Stadt ist, soll Berlin zu einem Schwerpunkt der Scientology-Aktivitäten werden. Anne Rühle, Sektenbeauftragte der Senats, schätzt, dass die Scientologen derzeit „alle Register ziehen, um in Deutschland einen Fuß in die Tür zu bekommen“. Dabei kämpfen sie vor allem gegen ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Letztes Jahr rückte Scientology ausgerechnet Bayerns Innenminister Günther Beckstein in die Nähe des kommunistischen China.
Ute Kiesel, Sprecherin der „New Era Publications GmbH“, bestätigt, dass viele Reklameunternehmen die Zusammenarbeit für die Buchwerbung verweigern. „Da gibt es zu viel Einfluss von Regierungsseite.“ Und was steht drin? Die freundliche Frau an der Info-Hotline des Verlages verspricht: Beim Lesen erfährt man endlich, „wie dieser Gedankenapparat funktioniert“. Das Buch des „führenden Bestseller-Autors auf dem Gebiet des menschlichen Verstandes“ ist demnach für alle geeignet, die „wissen möchten, woher sie kommen“. Will man sich das genauer erklären lassen, versteift sich die Dame leider auf die Verlesung des Umschlagklappentextes – mit einer Geschwindigkeit von zirka 180 bpm. Am Ende ist nur klar: „Die Antwort ist: Ja!“
ANDREAS SPANNBAUER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen