Braunes Kuckucksei

Der„Freundeskreis Filmkunst“ bei den Guttemplern  ■ Von Andreas Speit

Jan Jacobs ist entsetzt. „Die müssen sich unter falschem Namen in unsere Räumlichkeiten eingemietet haben“ betont der Bundesschatzmeister der Guttempler in Deutschland. Seit Januar 1999 führen ältere Damen und Herren des „Norddeutschen Kulturkreises“ in den Räumlichkeiten der Hamburger Guttempler in der Eppendorfer Landstraße 39 Veranstaltungen durch. Selbst wenn sie beim Anmieten ihren Vereinsnamen genannt haben sollten, hätten die Verantwortlichen des Guttempler-Hauses nur ahnen können, dass sich dahinter der „Freundeskreis Filmkunst e.V.“ (FFK) verbirgt – einer der ältesten Hamburger Neonazi-Vereine.

Nach langer Debatte hatte der Verein um den Vorsitzenden Günter Steinhoff seinen Namen 1999 in „Norddeutscher Kulturkreis“ umgeändert – das „Vorführen von Filmen ist nicht mehr die Haupttätigkeit des Vereins“ – und seine Arbeit wieder aufgenommen. Wolfram Siede von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), vermutet dagegen, dass die „Umbenennung alleine der Tarnung“ dient. In einem offenen Brief informierte Siede die Geschäftsleitung des Guttempler-Ordens über ihre „braunen Gäste“.

Seine „Kulturarbeit“ betreibt der Freundeskreis seit 1962. Infolge des Verbotes des Bundes nationaler Studenten (BNS) hatte ihn Klaus-Christoph Marloh mit acht Kameraden in Hamburg gegründet, die damalige Satzung gilt im wesentlichen bis heute. Selbstgewählte Aufgabe sei es, die „künstlerische Volksbildung“ mittels Filmvorführung zum Wohle der „Volksgemeinschaft“ und des „deutschen Volkes“ zu fördern. Jahrelang zeigte der mittlerweile 33 Mitglieder große Kreis in verschiedenen Kinoräumen alte Nazifilme, die teilweise auf dem Index stehen. Zu den Vorführungen kamen bis zu 300 alte und junge Neonazis. Um „jungen Kameraden“ die deutsche Kultur noch näher zu bringen kaufte der Verein 1978 das Anwesen Hetendorf 13 in der Lüneburger Heide. Angeführt vom Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger bauten sie das „Heideheim“ zu einem zentralen Neonazi-Zentrum aus, in dem Jugendliche auch Wehrsportübungen durchführten. Bis zur polizeilichen Schließung des Zentrums 1998 verwaltete Ilse Koch, langjährige FFK-Kassenwartin, das Gelände, und die ehemalige BDM-Führerin Gertrude Herr, führendes FFK-Mitglied, regelte mit Rieger die Geschicke der Trägervereine des „Heideheims“.

Nachdem 1980 über 400 Menschen gegen FFK-Aufführungen im Hamburger Passage-Kino protestierten, wurde dem Verein die Gemeinnützigkeit rückwirkend aberkannt. Ein Gericht stellte fest, dass die „Filmvorführungen fast ausnahmslos mit Filmen, die während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedreht worden sind,“ bestritten wurden. Im Guttemplerhaus stehen ähnliche Filme auf dem Programm: Für den September 2000 kündigt man Menschen in Sturm an, an dem die Reichsfilmkammer 1941 das „völkische Leitmotiv“ lobte. Daneben bieten die braunen Cineasten Reisen in die „verlorenen Ostgebiete“ und Veranstaltungen mit Referenten aus der extremen Rechten an, so planen sie in den Räumen an der Eppendorfer Landstraße für dieses Jahr eine Runde mit Emil Schlee, ehemaliger stellvertretender Bundesvorsitzender der REPs. Außerdem geben sie Die Warthe heraus, in der auch völkische Gedichte veröffentlicht werden.

„Solche Gruppen haben bei uns keinen Platz“ sagt Guttempler Jacobs. „Wir sind eine Gemeinschaft alkoholfrei lebender Menschen, die sich für die humanistischen Ideale Brüderlichkeit und Frieden einsetzen.“ Die dafür Verantwortlichen sollen daran erinnert werden, genauer darauf zu achten, wer bei ihnen Räume anmietet. Die nächste Aufgabe des „Norddeutschen Kulturkreis“ dürfte wohl die Raumsuche sein.