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Farbfilm vergessen

Frau Hagen hat endlich ihre eigene TV-Show. Am Sonntag war Premiere von „Ninas Welt“. Leider fehlt noch ein kleines, wichtiges Detail: Ein Sender

von PHILIPP DUDEK

Der Abend beginnt – mit einem Film. „Om Gottes Willen“: Über eine Stunde dauert das Machwerk, das Nina Hagens Erlebnisse mit der Gottheit Babaji in Indien zeigt. „Seid glücklich und liebt einander“, lautet die Botschaft der Doku.

Davon ist beim Publikum zunächst nicht viel zu bemerken. Etwas unschlüssig sitzt es herum. Die treue Fangemeinde hat sich im Berliner BKA Luftschloß versammelt, um der Premiere von „Ninas Welt – Die Nina Hagen TV-Show“ beizuwohnen. Ein großes, weißes Zelt in Berlin Mitte ist der Veranstaltungsort der TV-Show ohne TV. Denn bisher hat sich kein Sender für „Ninas Welt“ gefunden. Doch das ist Nebensache.

Mit dem Film-Einstieg kann jedoch offensichtlich ein Großteil des Publikums nicht sonderlich viel anfangen. Der Applaus ist verhalten und die Stimmung schon etwas lau, als die eigentliche TV-Show beginnt. Nina gibt letzte Anweisungen: „Ich geh jetzt nochmal raus und wenn ich wieder reinkomme, dann müsst ihr alle ganz toll klatschen.“ Nina geht, Nina kommt, alle klatschen ganz toll und die Show beginnt.

Mit dabei: Ninas Weltraum-Polizeiorchester und Ninas transvestitische Assistentin Lulu.

In einer ausgeleuchteten Ecke stehen ein Sofa und ein Sessel und warten auf die angekündigten Gäste. Als erster darf der junge Filmemacher Lorenz Weber Platz nehmen. Der kommt allerdings nicht viel zu Wort. Das Publikum erfährt nur, dass Nina und Weber sich vor 14 Jahren in der U-Bahn trafen und dass er jetzt in Amerika einen Film gemacht hat. Ein kleiner Ausschnitt aus seinem aktuellen Film wird dem Jung-Regisseur noch zugestanden, dann geht die Show weiter. Die Hip-Hop Band „das department“ spielt jetzt auf. Nach vier Songs, stehen die ersten Gäste auf und verlassen entnervt das Zelt.

Sendezeit überzogen

Mittlerweile dauert das Spektakel volle zwei Stunden. Beim Fernsehen würden sich die Aufnahmeleiter jetzt langsam Sorgen machen, ob hier nicht schon wieder kräftig die Sendezeit überzogen wird.

Das einzige Konzept der Veranstaltung scheint das Chaos zu sein. Von Kabarett oder Provokation, wie man es früher von ihr gewohnt war, keine Spur. Doch die Fans kümmert das nicht und sie werden reich belohnt. Nina greift selbst zum Mikro und schmettert Hits wie „Nina for president“ oder „Ich glotz TV“ .

Ob so schnell ein größeres Publikum in den Genuß der konzeptlosen Veranstaltung kommen wird, ist fraglich. Noch vor zwei Wochen meinte Franziska Kessler vom BKA: „Wir haben die Show bisher keinem Sender angeboten. Wir warten einfach, bis die sich bei uns melden.“

Bislang sieht es allerdings so aus, als könne sie darauf lange warten. Die Sender scheinen nicht besonders an der Show interessiert zu sein. Von Sat.1 bis tm3: Niemand hat bisher niemand von der Show gehört. Und auch bei RTL heißt es: „Das ist uns vollkommen unbekannt“. Also doch nur eine satirehafte Bühnenshow, die sich über die Fernsehlandschaft lustig machen will?

„Nein, das ist schon ernst gemeint“, bekräftigt Kessler. „Natürlich muss die Show ein bißchen kürzer und in ein sendefähiges Format gebracht werden.“ Für den Deal mit einem Sender sei dann allerdings Nina Hagens Management zuständig.

Dem verblieben Publikum ist das erstmal egal. Ninas Gesangseinlagen werden auch weiterhin der Höhepunkt der Veranstaltung bleiben. Denn jetzt kommt der Kabarettist Reiner Kröhnert, der einmal in Gestalt von Rita Süssmuth bekennt, bisexuell zu sein und ein anderesmal als Gerhard Schröder das Publikum mit „liebe Hannoveranerinnen und Hannoveraner“ begrüßt. Das ist weder besonders witzig noch provokant. Und so stößt Kröhnert im Publikum auf nur spärliche Begeisterung.

Mehr als einmal sagt Nina an diesem Abend: „Deutschland ist ein wunderbares Land.“ Nebenbei wird Erich Honecker von leichtbekleideten Damen aus dem „ätherischen Astralkoma“ geholt und die zukünftige Weltregierung gepriesen. Das meiste geht unter in einem Mischmasch aus Babaji-Kult, Jesus und den Religionen an sich.

Ein Teil der Zeltgäste wird sich gefragt haben, ob Nina Hagen in dem Chaos irgendwo eine subtile Nachricht verborgen hat. Denn das vier Stunden Spektakel taugt in seiner Formatlosigkeit schlicht nicht zur TV-Show. Dass sich dennoch ein Sender dafür findet, darf getrost befürchtet werden.

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