: Ozonzeit verpennt
Regierung und Bahn konnten sich nicht auf Ozonticket einigen. Jetzt kommt die Bahn mit neuen Vorschlägen
BERLIN taz ■ Das Umweltministerium hat es auch dieses Jahr nicht geschafft, gegen den Sommersmog vorzugehen. Das liegt vor allem an dem Hin und Her zwischen Ministerium, der Deutschen Bahn und den Verkehrsverbänden um das „Ozonticket“, das Jürgen Trittin Anfang Mai vorgeschlagen hatte. Das Eckpunktepapier, in dem Trittin 1999 Fahrverbote und ein Tempolimit bei Ozonalarm vorschlägt, hatte Autokanzler Gerhard Schröder zuvor abgelehnt.
Trittins Idee: An Tagen mit hoher Ozonkonzentration in der Luft sollen Kinder umsonst und Erwachsene zum halben Preis mit der Bahn fahren dürfen. Das Ozonticket sollte ab einer Konzentration von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gelten, so der Vorschlag. Doch das, so kritisierten Umweltverbände, würde nichts bringen: Wenn die Konzentration erst einmal bei dem hohen Wert von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter liege, sei es schon zu spät. Denn einmal entstandenes Ozon baut sich immer wieder neu auf. Das Ticket müsse daher schon ab einem Grenzwert von 180 gelten. Da jedoch stellte sich die Regierung quer: Bei dem niedrigeren Grenzwert würde das Ozonticket rund 50 Tage im Jahr gelten – zu teuer. Denn den Großteil der täglich 10 bis 15 Millionen Mark Kosten soll der Bund tragen.
Das wurmte die Bahn, die die Subventionierung ihrer Kunden durch den Bund gut hätte gebrauchen können. Immerhin traf sie sich kürzlich mit Verkehrsunternehmen, dem Umwelt-, dem Finanz- und dem Verkehrsministerium, um über weitere Ideen nachzudenken – pünktlich zum Ende des Sommers und damit der Ozon-Jahreszeit.
Umso erstaunlicher ist es, dass die Bahn bei dem Treffen tatsächlich einen neuer Vorschlag ins Spiel brachte: Autofahrer, die ein Fahrzeug ohne Katalysator haben, sollen künftig dafür belohnt werden, wenn sie ihre Dreckschleuder abmelden – etwa mit einer Streckennetzkarte. Das hätte für die Bahn den Vorteil, dass sie Neukunden gewinnen könnte, und für die Regierung, dass damit die Ozonbildung merklich gesenkt würde: Zwar fährt nur noch etwa jedes zehnte Auto in Deutschland ohne Katalysator, doch stößt jedes einzelne von ihnen bis zu 80-mal soviel Stickoxide aus wie ein Auto mit Kat. Abwarten: Vielleicht geschieht nächstes Jahr endlich was gegen den Sommersmog. KATHARINA KOUFEN
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