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Teures deutsches Handwerk

Ausländerbehörde schiebt Flüchtlinge in Privatjets ab. Liberianer für 71.000 Mark nach Monrovia ausgeflogen  ■ Von Elke Spanner

Es ist ihr Auftrag, sagt Peter Keller: Abschiebung. Ihn zu erfüllen, ist der Ausländerbehörde jetzt Gold wert. Schließlich wäre die einzige Alternative, die Flüchtlinge hier leben zu lassen, und fallen bei ihrer Abschiebung hohe Kosten an, dann fallen eben hohe Kosten an. Den Rauswurf des Liberianers Bestman Johnson hat die Stadt sich vorigen Dienstag einiges kosten lassen. Die Ausländerbehörde charterte einen Privatjet für ihn allein – und zahlte 71.000 Mark nur für den Flug.

Selbst Behördensprecher Keller findet die Kosten „ungewöhnlich hoch“. Aber gerade weil sie ungewöhnlich seien, seien sie legitim. Denn sie entstünden nur bei besonders renitenten Flüchtlingen, die sich zuvor mehrfach gegen ihre Abschiebung zur Wehr gesetzt hätten. Kostet ein Flug 71.000 Mark, dann nur, weil es „nicht anders möglich war“.

Die Idee mit den Privatjets war den Innenministern von Bund und Ländern im Frühjahr gekommen. Etliche Flüchtlinge wehren sich mit Händen und Füßen gegen ihre Rückkehr – Johnson beispielsweise, weil er in Hamburg ein Kind hat und weiterhin mit diesem zusammenleben wollte. Aus Sicherheitsgründen verweigern immer mehr Fluglinien in solchen Fällen die Beförderung. Im Mai empfahl die Innenministerkonferenz deshalb den Ländern, verstärkt Kleinchartermaschinen einzusetzen, statt einzelne Plätze bei großen Airlines zu buchen und diese dann unbesetzt lassen zu müssen.

Kaum ausgesprochen, hatte die Hamburger Ausländerbehörde bereits den ersten Chartervertrag unterschrieben. Am 31. Mai wurden drei Männer aus Gambia im Privatjet nach Banjul verbracht – für 108.000 Mark. Am 25. Juli flog eine gecharterte Maschine nach Burkina Faso und Togo, eine zweite nach Nigeria. Der Flug nach Burkina Faso und Togo kostete 115.000 Mark, die Maschine nach Nigeria 83.500 Mark – zuzüglich der Kosten für „Sicherheitsbegleiter“, HonorarärztInnen und deren Hotelübernachtung am Zielort. Behördensprecher Keller: „Man muss dagegenhalten, was sonst an Sozialhilfekosten anfallen würde.“

Für GAL-Fraktionschefin Antje Möller, die ausgerechnet am Tag von Johnsons Abschiebung mit dem SPD-Regierungspartner über die Flüchtlingspolitik verhandelte, ist das Vorgehen hingegen „allein aus haushaltspolitischer Sicht absurd“. Auch Johnsons Anwalt Anton Eger spricht von einem „Exzess“. Gerade der Fall seines Mandanten könnte die Ausländerbehörde aber ermuntern, weitere Jets zu chartern. Für den Zielflughafen Monrovia nämlich wird GrenzschutzbeamtInnen „aus Fürsorgegründen“ keine Reiseerlaubnis erteilt – eine Abschiebung ins Krisengebiet Liberia mittels Linienflug ist daher grundsätzlich nicht möglich.

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