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Geheimnisverrat oder linke Pflicht

Zum sechsten Mal wurden dem PDS-Politiker Freke Over die Immunitätsrechte als Abgeordneter entzogen

Da fragt sich, wer hier Wiederholungstäter ist. Am Donnerstagabend wurde dem PDS-Abgeordneten Freke Over zum sechsten Mal die Immunität als Abgeordneter entzogen. Zum sechsten Mal ist nun der Weg für einen Prozess gegen den früheren Hausbesetzer frei. Und zum sechsten Mal stritten sich SPD und Grüne, ob sie den Anträgen der CDU zustimmen sollten.

Im konkreten Fall wirft die Staatsanwaltschaft dem 32-Jährigen Geheimnisverrat vor. Over hatte im Anschluss an den Ersten Mai 1999 der Presse Abschriften eines Einsatzprotokolls der Polizei übergeben. Er selbst bezeichnete dies als seine Pflicht als Abgeordneter.

Das sah die SPD anders. Die meisten Sozialdemokraten, darunter auch Vize Uwe Benneter, stimmten dem CDU-Antrag zu. Ganz anders die Grünen. Fraktionschef Wolfgang Wieland begründete seine Ablehnung damit, dass man den Immunitäts-Passus dann bald ganz aus der Verfassung streichen könne. Nicht immer führte die Aufhebung der Immunität bei Freke Over auch zu einer Verurteilung. Vom Vorwurf der Körperverletzung eines Polizeibeamten beim öffentlichen Rekrutengelöbnis am Schloss Charlottenburg wurde er freigesprochen. Verurteilt wurde er dagegen wegen der Besetzung eines Hauses in Alt-Stralau. (Zivilrechtlich wurde er vorgestern freigesprochen.) Anhängig ist noch ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs. Over hatte mit einer Gruppe Obdachloser kurzfristig im Hotel Adlon demonstriert.

Auch die anderen der sechs Verfahren waren allesamt politisch begründet. So hatte Over gleich zu Beginn seiner Karriere als Parlamentarier nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Verfassungsorgane beleidigt. Over hatte dem Senat damals in einer Rede vorgeworfen, er befinde sich in der „Gründungsphase einer kriminellen Vereinigung“. UWE RADA

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