: Wenn München zu sehr menschelt
Andreas Lechners Film „Schmetterlinge der Nacht“ sucht mit grundguten Taxifahrern nach dem Feel-good-Faktor
Ziemlich naiv stolpert Taxifahrer Rolf ins Verderben. Sein Plan, einen zwielichtigen Taxiunternehmer mit einer Diskette zu erpressen, auf der dessen Machenschaften dokumentiert sind, geht gehörig in die Hose. Skrupellose Gehilfen knallen ihn einfach ab. Von alledem nichts ahnend, lernt unterdes Ritchie – auch Taxifahrer und Rolfs bester Kumpel – Eva kennen. Die will nach ein paar Jahren in Amerika nun in München ein neues Leben anfangen.
Die zarte Anbändelei zwischen den beiden wird jäh gestört, als plötzlich die Gangster, immer noch auf Jagd nach der verfänglichen Diskette, auf der Bildfläche erscheinen: Kriminelle Gang jagt gute Taxifahrer, um an besagte Diskette zu kommen, gute Taxifahrer jagen Gangster, um Rolf zu rächen. In der Schusslinie stehen Ritchie und Eva, die von den Ereignissen und ihren Gefühlen hin und her geschubst werden.
Die Metaphern, die für das Verlorensein und die irgendwann doch noch aufkommende Hoffnung bemüht werden, sind eher naheliegend: Schmetterlinge, die bei Gefahr wegfliegen können, und Grashalme, die den Launen des Windes hilflos ausgeliefert sind. „Schmetterlinge der Nacht“ greift tief in die romantische Bilderkiste und deckt damit alle ein, die auf der guten Seiten stehen. Richtie und Eva sowieso, aber auch die guten Kumpels aus dem Taximilieu. So viel Zusammenhalt war nie.
Sogar München kriegt eine gehörige Portion Großstadtromantik ab, was tatsächlich mal was Neues ist. Sonst sind es ja im urbanen deutschen Film eher die Großtadtmelancholiker in Berlin oder auch Hamburg, die nachts durch die Straßen streifen und sich selbst zuprosten. Das alles wirkt bisweilen anheimelnd, manchmal auch ein bisschen peinlich. Angesichts der stringent erzählten Geschichte sind die peinlichen Momente einigermaßen zu verkraften, etwas altbacken und provinziell wirkt das Ganze trotzdem.
Aber möglicherweise ist das gar nicht so unbeabsichtigt: Hier funktioniert München eben als „Weltstadt mit Herz“, als Gegenmodell zu Entsolidarisierung und diffusen Gefühlswelten. Da passt es, dass Evas aus den USA nachgereister Mann ins Schwärmen gerät, als er sie – natürlich mit Hilfe einer Taxifahrerin – nach kurzer Zeit in dieser fremden Stadt findet: „I love little cities.“ STEPHANIE GRIMM
„Schmetterlinge der Nacht“. Regie: Andreas Lechner. Mit Dieter Landuris, Katja Giammona u. a. Deutschland, 1999, 82 Minuten, ab 21. 9. im Kant-Kino und im Checkpoint
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen