Ein Wasserflop

ARD-Magazin „Plusminus“ hat Daten einer Studie falsch interpretiert: Westdeutsches Trinkwasser nicht verseucht

BERLIN taz ■ Der Wasserskandal hat sich als Ente entpuppt: Nach taz-Recherchen hat der Autor eines Fernsehbeitrages das ihm vorliegende Datenmaterial falsch bewertet. Am Dienstag hatte das ARD-Magazin „Plusminus“ berichtet, bei 22 Prozent der an Wasserhähnen gezogenen Proben seien Grenzwertüberschreitungen bei den krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) registriert worden. Schlussfolgerung: In vielen westdeutschen Gemeinden sei das Trinkwasser PAKs-verseucht.

Das MDR-Team berief sich dabei auf eine Studie, die der Deutsche Verband des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in Auftrag gegeben hatte. Im extremsten Fall, so „Plusminus“, seien bis zu 50-mal höhere Konzentrationen als zugelassen aufgetreten.

Wolfgang Kühn, technischer Leiter der Studie, auf die sich „Plusminus“ beruft, erklärte gestern, dass diese nur eine Vorstudie sei. Eine solche lasse die von „Plusminus“ getroffene Aussage aber nicht zu. Zum Ersten listet diese Vorstudie nur 600 Daten auf. Zum Zweiten seien die Proben nicht flächendeckend gezogen worden. Und drittens sei ein Teil der Proben absichtlich an so genannten toten Leitungen, also technisch neuralgischen Punkten des Wassernetzes, genommen worden – Proben aus Wasserleitungen also, bei denen eine PAK-Belastung bekannt sei.

„Auch wenn etwas mehr PAK als zugelassen durch den Wasserhahn fließen würde, besteht keine Gefahr für den Verbraucher“, erklärt Wolfgang Dott, Präsident der Gesellschaft für Hygiene und Umweltmedizin. Dies liege an der Struktur der PAKs. Einige, wie das gefährliche Benzpyren, lösten sich kaum im Wasser. Sie lägen hier großteils als Partikel vor, welche nicht vom Darm ins Blut gelangen. Gelöste PAKs benötigen zudem, wollen sie den Darm passieren, einen Vermittler, beispielsweise Fett.

Der Deutsche Verband des Gas- und Wasserfaches – ein technischer Fachverband – wollte sich mit der Vorstudie ein Forschungsvorhaben zur PAK-Situation an teerausgekleideten Rohren genehmigen lassen. Die Vorstudie wollte der Verband der Presse bisher nicht vorlegen, was die Interpretation erheblich erschwert. Dadurch setzt sich der DVGW selbst unter Druck. Fakt ist, dass der Verband juristisch verpflichtet ist, gesundheitlich bedenkliche Daten den Gesundheitsämtern mitzuteilen. Mit einer Veröffentlichung der Vorstudie könnte jetzt unabhängig geklärt werden, ob die Untersuchungen tatsächlich nicht besorgniserregend sind oder ob hier etwas vertuscht werden sollte. KATHRIN BURGER