: USA öffnen China Tür zur WTO
Der amerikanische Senat normalisiert die Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik China, die jetzt auf eine Aufnahme in die Welthandelsorganisation hoffen kann. Die Ausrichtung der USA verschiebt sich nun weg von Europa auf den asiatischen Raum
aus Washington PETER TAUTFEST
Eine der heißesten Kartoffeln amerikanischer Innen- und Außenpolitik wurde am Dienstag ohne viel Aufhebens serviert, aufgeschnitten und gegessen. Mit 83 zu 15 Stimmen fiel die Abstimmung für ein Handelsabkommen mit China im Senat dabei nicht einmal knapp aus. Die „Permanenten Normalen Handelsbeziehungen“ (PNTR) zwischen den USA und China sollen nun den Weg frei machen für Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO).
Das Gesetz wird ein zwanzigjähriges Ritual ablösen, bei dem der Senat immer wieder heftig darüber stritt, ob China die so genannte Meistbegünstigungsklausel gewährt werden könne und die beiden Länder normale Handelsbeziehungen unterhalten sollten. Auf der einen Seite standen rechte Chinakritiker und religiöse Rechte, die die Volksrepublik wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen und Christenverfolgung anprangern und mit Sanktionen belegen wollten. Zu ihnen gesellten sich Gewerkschaften und Umweltschützer, die den Verlust amerikanischer Arbeitsplätze und die Verlagerung von umweltverschmutzenden Industrien außerhalb des Geltungsbereichs amerikanischer Umweltschutzgesetze kritisierten. Auf der anderen Seite fanden sich Wirtschaftsvertreter so unterschiedlicher Sektoren wie Landwirtschaft und Chipindustrie, Hollywood und Telekommunikation.
Gemessen an der Leidenschaft, mit der diese Debatten geführt wurden, ist die fast klanglose Verabschiedung nur wenige Wochen vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl erstaunlich. Dabei waren die amerikanisch-chinesischen Beziehungen zuletzt argen Belastungen ausgesetzt gewesen, die zu innenpolitischen Beben geführt hatten. Sie reichten vom Verdacht, China habe sich durch gewaschene Parteispenden in den Wahlkampf 1996 eingeschaltet, Atomgeheimnisse geklaut und Atomtechnologie an Pakistan weitergeleitet, bis zur intensivierten Bedrohung Taiwans. Der jüngste Menschenrechtsbericht des State Department registrierte für China eher eine Verschlimmerung der Lage.
US-Präsident Bill Clinton, ursprünglich ein heftiger Kritiker der Politik seines Vorgängers Bush, China und die USA durch Handelsbeziehungen näher aneinander zu bringen, schwenkte in seinen ersten Amtsjahren um und machte sich zum Fürsprecher liberalisierter Handelsbeziehungen.
Die Mehrheit des Senats für PNTR wird denn auch nach der Verabschiedung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta 1993 als zweiter großer außenpolitischer Erfolg Clintons gesehen. Clinton gelang es, PNTR in den Rahmen einer großen strategischen Vision zu stellen, einer Sicherheitspartnerschaft mit China und eines Sicherheitskonzepts für Südostasien. Nafta und PNTR zusammen verschieben die Ausrichtung der USA von Europa weg auf den asiatischen Raum und auf den südamerikanischen Kontinent.
PNTR selbst hat unmittelbar mit der Aufnahme Chinas in die WTO nichts zu tun, die wird im nächsten Jahr von der WTO entschieden. Ohne Handelsabkommen mit den USA aber hätte China den USA wichtige Handelsvergünstigungen nicht gewährt, die die WTO-Vertragswirklichkeit ausgehöhlt hätten. Die USA kauften im letzten Jahr in China Waren und Dienstleistungen im Werte von 82 Milliarden US-Dollar, während China nur für 13 Milliarden Dollar aus den USA importierte. Die amerikanische Wirtschaft hofft nun auf die Öffnung des riesigen chinesischen Marktes, um dieses Handelsbilanzdefizit ausgleichen zu können. Die Politik setzt darauf, dass darüber letztlich auch die Demokratie gefördert wird.
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