Bornhöft hockt auf Datenberg

■ Datenschützer rügt erneut Sammelwut der Ausländerbehörde: Deren Praxis sei „unvertretbar und gesetzlich verboten“

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Hans-Hermann Schrader geht mit SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage in den Clinch. Grund: Trotz „formeller Beanstandung“ weigert sich die Ausländerbehörde von Amtsleiter Ralph Bornhöft, auf die Speicherung von Bagatellverstößen bei Ausländern zu verzichten, um Ausweisungsgründe zu sammeln. Schrader hat jetzt in einer „weiteren Beanstandung“ direkt an den rot-grünen Senat die Einstellung dieser Praxis gefordert. „Sie ist nicht nur vom Ansatz unvertretbar, sondern gesetzlich verboten.“

Bereits im August war Schrader bei seiner Intervention gegen die Sammelwut der Ausländerbehörde bei Wrocklage auf Granit gestoßen. Es war ans Tageslicht gekommen, dass die staatlichen Abschieber jegliche Verstöße in ihren Datenbänken speichern – auch Vorgänge, die Jahre zurückliegen oder die strafrechtlich ohne Relevanz waren.

Eine junge Pakistanin zum Beispiel hatte vor sechs Jahren bei einem Antrag auf Aufenthaltsverlängerung falsche Angaben gemacht. Weil ihre Ehe rechtlich noch nicht anerkannt war, schrieb sie auf Anraten des Sachbearbeiters „ledig“, ahnte nicht, dass ihr Mann für sie Sozialhilfe bezog. In dem später eingestellten Gerichtsverfahren blieb ungeklärt, ob diese falschen Angaben nicht wirklich unwissentlich gemacht wurden. Aber selbst wenn die damals 18-Jährige verurteilt worden wäre, hätte dieser Vorgang vor einem Jahr im Zentralregister getilgt werden müssen. „Dieses Verfahren nutzt nun die Ausländerbehörde, den neuerlichen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis abzulehnen.“ Nach Auffassung Schraders verbietet das Ausländergesetz die Speicherung „vereinzelter“ oder „geringfügiger“ Rechtsverstöße.

Im Zusammenhang mit der Datenschwemme erinnert Schrader warnend an die Ära des Radikalenerlasses der siebziger Jahren. Schrader: „Damals wurde auch alles mögliche dumme Zeug gesammelt.“ Es habe ausgereicht, in einem Haus zu wohnen, wo mal bei einer Demons-tration eine rote Fahne gesehen wurde, um beim Arbeitgeber durch Behörden angeschwärzt zu werden. „Offenbar will das Unternehmen Deutschland auch erreichen, dass viele die Firma verlassen müssen,“ so Schrader sarkastisch. Der Datenschutzbeauftragte hofft nun, dass der Senat „eine gesetzmäßige Praxis möglichst bald sicherstellt“. Wrocklage bezeichnete dies gestern als „praxisfremd“. Kai von Appen