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Heraus zum Auto-Freitag!

838 Städte in Europa beteiligen sich am heutigen autofreien Tag. Teilweise werden sogar Innenstädte gesperrt. Verkehrssenator Peter Strieder (SPD): In Berlin ist das nicht organisierbar

von RICHARD ROTHER

Heute ist findet ein europaweit autofreier Tag statt, und in Berlin geben alle Gas. 838 Städte und Kommunen in ganz Europa werden sich beteiligen. Einige sperren mehr oder weniger große Teile ihrer Innenstädte für den Autoverkehr. Öffentlicher Nahverkehr, Fußgänger, Radfahrer und Inline-Skater bekommen Vorrang. Initiatorin der Aktion ist die EU-Umweltkommissarin Margot Wallström. Die Umweltpolitikerin möchte den Bürgern zeigen, dass sie auch an einem Arbeitstag ohne Autos auskommen können.

Während sich in Deutschland die meisten Städte – wenn überhaupt – nur symbolisch beteiligen, werden im Ausland durchaus neuralgische Punkte gesperrt: größere Teile von Innenstädten, Hauptstraßen. Der Berliner „autofreie Tag“, ein Volksfest auf der Straße des 17. Juni, findet erst am Sonntag statt.

In Berlin sei ein autofreier Werktag nicht organisierbar, betont eine Sprecherin von Verkehrssenator Peter Strieder (SPD). „Das wäre ein Chaostag für die Stadt.“ Berlin verfüge im Gegensatz zu anderen Städten über keine Straßenringsystem, das helfen würde, die Innenstadt zu sperren. Die Straße des 17. Juni und Unter den Linden sei eine der wichtigsten Ost-West-Achsen. Wäre sie geschlossen, würden Busse und Lieferwagen nicht durchkommen. Zudem sei jedem Autofahrer freigestellt, sich am autofreien Tag zu beteiligen. Zwang werde in Deutschland nicht akzeptiert, so die Sprecherin.

Die Grünen kritisieren die Haltung des Senats. „Das ist ein Armutszeugnis für die Organisationsfähigkeit der Verkehrsverwaltung“, so der Verkehrsexperte Michael Cramer. Er habe unzählige Vorschläge unterbreitet, wie man einen solchen Tag organisatorisch begehen könne. Diese seien jedoch von der großen Koalition abgebügelt worden. Doch auch Cramer weiß: Gerade in Berlin ist es schwierig, die Öffentlichkeit für das Thema „autofreie Werktage“ zu interessieren.

Die Grünen wollen heute dennoch ab 10.30 Uhr gemeinsam mit Umweltverbänden symbolisch das Brandenburger Tor besetzen. Das Tor ist dann eine Stunde lang dicht. Der Fußgängerverein „per pedes“ demonstriert heute um „fünf vor zwölf“ am Rosenthaler Platz in Mitte gegen Verkehrslärm. 26 Aktivisten wollen hier ein großes rotes Ohr auf der Straße aufbauen. Dieses soll die Schmerzen symbolisieren, die durch den täglichen Verkehrslärm verursacht würden, so eine Sprecherin der Initiative.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat indes gestern 500 so genannte Mobilitätspakete an Autofahrer verteilt. Mit Übersichtsplänen, Tariftabellen und anderen Tipps sollten Autofahrer fit fürs Umsteigen auf Bus und Bahn gemacht werden. 20 Pakete enthielten darüber hinaus eine kostenlose BVG-Tageskarte.

Offiziell autoarm wird Berlin erst am Sonntag. Dann lässt der Senat die Straße des 17. Juni und Unter den Linden für den Fahrzeugverkehr zwischen S-Bahnhof Tiergarten und Schlossplatz sperren. Auf der gesamten Strecke werden diverse Kultur-, Sport- und Informationsveranstaltungen stattfinden. Und das BVG-Zwei-Stunden-Ticket gilt dann für den ganzen Tag.

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