: Teurer Freispruch
■ Kritischer Polizist ist frei gesprochen und fürchtet weiteres Mobbing.
Die Repressionskampagne gegen den Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polzisten, Thomas Wüppesahl, hat juristisch ein Ende. Nach dem Freipruch vom vorigen Montag durch das Amtsgericht Altona geht die Staatsanwaltschaft nicht in die Berufung. Das kündigte Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger gegenüber der taz hamburg an. „Ich weiß noch nicht, ob ich mich darüber freuen kann“, sagte Wüppesahl gestern auf Anfrage. Denn der eigens auf Beschluss des rot-grünen Hamburger Senats suspendierte Wirtschaftskriminalist befürchtet nun, dass die seit Jahren gegen ihn anhaltende Mobbing-Kampagne im Dienst weitergeht.
Denn die Anklagbehörde hatte das Verfahren gegen den kritischen Polizisten drei Jahre lang mit besonderer Hartnäckigkeit betrieben. Wüppesahl war vorgeworfen worden, im Frühjahr 1997 aus seiner Dienststelle für „Organisierte Kriminalität Autodiebstahl“ 70 Ermittlungsakten geklaut und dann Medien zugesandt zu haben, um die Polizei zu diskreditieren.
Zunächst war Wüppesahl gar nicht als „Täter“ verdächtigt worden. Erst als er den Datenschutzbeauftragten im Zusammenhang mit dem Aktenschwund auf die Zustände in der Dienststelle aufmerksam machte, war er ins Visier der internen Ermittler geraten. Obwohl die BeamtInnen bei einer Hausdurchsuchung keinerlei Anhaltspunkte für eine Täterschaft fanden, erhob die Staatsanwaltschaft Anklage.
Dreh- und Angelpunkt war ein Gutachten der Schriftsachverständigen Mechthild Niehoff, die glaubte, auf einem der an die Medien gesandten Briefumschläge Ähnlichkeiten mit Wüppesahls Handschrift erkannt zu haben. Das Amtsgericht hatte zunächst die Eröffnung des Verfahrens aufgrund des vagen Indizes abgelehnt, auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft ließ das Landgericht die Anklage dann doch zu. Grund: Als „Netzbeschmutzer“ habe Wüppsahl ein Motiv. Ein Gegengutachten des Schriftexperten Dr. Peter Baier hebelte die Niehoff-Theorie aus.
Die Verfahren haben laut Wüppesahl – der seit 1998 quasi nicht mehr im Dienst ist – fast eine viertel Million Mark verschlungen. Wüppesahl: „Das Geld hätte sinnvoller für die Arbeit einer guten Polizeikommission verwendet werden können.“ Kai von Appen
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