: Homepage „Slumpage“
■ Das Bremer „Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung“ (BIZ) veranstaltet ab heute nicht nur für SchülerInnen eine Medienwoche „Aus(sen)sichten“
In Manhattan gibt es mehr Internetanschlüsse als in ganz Afrika! Ob dies wirklich so furchtbar ist, wie uns einige www-Fanatiker erzählen wollen, mag dahingestellt bleiben. Aber dass die ärmeren Länder Schwierigkeiten haben, sich in der Informationsflut der neuen Medien adäquat darzustellen, steht außer Frage. Deshalb macht es viel Sinn, wenn sich das „Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung“ (biz) auf diese Problematik konzentriert.
Die Organisatoin Karin Liebaug weiß, dass vor kurzem „in einem winzigen Dorf in Kenia die erste Slumhomepage ins Internet gestellt wurde“. Diese „Slumpage“ können nebenbei auch die SchülerInnen besuchen, die in den Computerräumen einiger Schulen und im Bremer Landesinstitut für Schulpraxis an dem interessantesten Angebot dieser Medienwoche teilnehmen: Von Montag bis Freitag können sie bei einem Internet-Chat mit SchülerInnen aus Südafrika und Indien online diskutieren. Themen wie „Wasser“, „Zukunft der Arbeit“, „Wohnen“ oder „Fairer Handel“ werden vorgegeben, obwohl es vielleicht viel spannender gewesen wäre, wenn sich die Gleichaltrigen darüber unterhalten würden, ob in Indien und Südafrika auch Britney Spears und Pokémon-Monster so en vogue sind wie hier und ob dort auch jeder zweite Jugendliche mit Piercings und Tatöwierungen herumläuft. Die Resonanz aus den Schulen zeigt jedenfalls nach Aussagen von Karin Liebaug, dass „ein Nerv getroffen wurde. So haben etwa SchülerInnen der Hermann-Böse-Schule schon Material zu den Themen entwickelt und ins Netz gestellt“.
Wie man schon an diesem Beispiel merkt, ist die Hauptzielgruppe dieser Medientage in den Schulen der Stadt zu finden. Für diese AdressatInnen gibt es auch nach Angaben der Co-Organisatorin Gertraud Gauer-Süß „Erlebnispädagogik“, wenn sie etwa in einem „Ausstellungsbus Africa meets Germany“ mit einigen medialen Tricks dazu gebracht werden, sich in eine fremde Person einzufühlen und die Welt aus deren Perspektive zu sehen. Ein großer Teil der gezeigten Filme wird jeweils morgens um 10 Uhr in Schulvorstellungen vorgeführt.
In einem Abendprogramm gibt es aber auch im Kino 46 und dem Cinema Filme, die ein erwachsenes Publikum interessieren dürften. Die kolumbianische Satire „Die Strategie der Schnecke“ (Montag, 20.30 Uhr, Kino 46) ist etwa ein komisches und subversives Lehrstück darüber, wie sich Mieter gegen Immobiliensspekulanten wehren können, und „Divorce Iranian Style“ (Donnerstag 19 Uhr, Cinema) ist ein hochinteressanter und umstrittener Film über iranische Frauen, die sich gegen ihre scheinbar so unangreifbaren Männer wehren.
Zu einem weiteren Film kommt die Regisseurin Inge Altenmeier selber, um über seine Problematik zu diskutieren: „Das schmutzige Geschäft mit dem weißen Papier“ (Mittwoch, 19.30 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen) untersucht, warum die Industrien, die früher eher in europäischen Regionen wie Skandinavien beheimatet waren, jetzt nach Indonesien verlegt werden, wo sie extreme Probleme für die Menschen und die Umwelt verursachen.
Auch wenn der größte Teil des Programms eher dem immerhin schon mehr als 100 Jahre alten Medium Film vorbehalten ist, überzeugt der Versuch, hier auf die neuen Medien zuzugehen und ihren Gebrauch zu hinterfragen. So gibt es nicht nur eine „CD-ROM-Präsentation (der CD-ROM „Uganda“ am Dienstag) und die Vorstellung eines Schulprojekts über Afrika mit neuen Medien, sondern auch ein Podiumsgespräch zum Thema (Dienstag 20 Uhr, Angestelltenkammer), zu dem allerdings nur einheimische ExpertInnen miteinander diskutieren.
Wilfried Hippen
Medienwoche „Aus(sen)sichten“ vom 25.9. bis 2.10. taz -tipps im Text. Das komplette im Programm im Internet unter www.bizme.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen