Polizei-Gewalt: Schulterzucken
■ Fall Tim Koehne ohne Konsequenzen? / Staatsanwalt: „sehr unbefriedigend“
„Wir stehen dazu, dass nichts unter den Tisch gekehrt wird“, behauptete gestern der stellvertretende Leiter der Bremer Polizei, Eckhard Mordhorst, im Fall des von der Polizei misshandelten Schülers Tim Koehne. Letzten Freitag hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, sich nicht weiter die Zähne an informationsunwilligen Polizisten ausbeißen zu wollen: Ermittlungsverfahren gegen elf Beamte, die in den Vorfall verwickelt gewesen sein sollen, wurden eingestellt, ein Beamter soll ein Buß- und Schmerzensgeld zahlen, gegen einen weiteren Beamten wurde der Erlass eines Strafbefehls beantragt.
Obwohl die Ermittlungen immerhin zum Ergebnis hatten, dass nun nicht mehr bestritten werden kann, dass Tim Koehne von den Polizisten verletzt wurde, fand Mordhorst für die Polizeiführung auch gestern kein Wort des Bedauerns. Die Polizeiführung hatte Anfang des Jahres die Berichterstattung der Medien gerügt, weil sie einer Vorverurteilung der verdächtigten Beamten gleichkäme.
Dass der Ausgang des Verfahrens „wohl sehr unbefriedigend“ sei, räumte gestern der Leiter der Bremer Staatsanwaltschaft, Jan Frischmut, ein. Es sei zwar deutlich geworden, dass Koehne auf der Wache erheblich verletzt worden sei, allerdings könnten die Verletzungen nicht einzelnen Beamten zugeordnet werden. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass Koehne Widerstand geleistet habe.
Nun muss sich Koehnes Anwalt überlegen, ob er Widerspruch gegen die Einstellung der Ermittlungen einreicht. Auch die zwei Beamten müssen entscheiden, ob sie ihre Strafen annehmen – was einem Schuldeingeständnis gleichkommt. Danach wird unter zivilrechtlichen Aspekten erneut über den Fall zu verhandeln sein. Erst dann können disziplinarrechtliche Konsequenzen gegen die Beamten geprüft werden. Angeblich sind die Beförderungen für einige betroffene Beamte vorerst auf Eis gelegt worden.
cd
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