: Offener Nazi-Treff
■ Gericht hebt Schließung des „Club 88“ in Neumünster auf. Jubeldemo befürchtet
Der Neonazi-Treff „Club 88“ in Neumünster kann vorerst geöffnet bleiben. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat gestern einem Antrag der Konzessionsinhaberin des Lokals, Christiane Dolscheid, entsprochen. Sie hatte sich gegen die von der Stadt verfügte sofortige Schließung des Nazi- und Skin-Clubs im Ortsteil Gadeland gewehrt (Az: 12 B 81/00). Die Stadt kündigte an, gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzulegen.
Die Stadt Neumünster hatte Anfang des Monats der Konzessionsinhaberin die Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte entzogen, weil sie „persönlich unzuverlässig“ sei. Dolscheid betreibt den Treff seit drei Jahren. Gleichzeitig ordnete die Stadt den Sofortvollzug an.
Zur Begründung hieß es, der „Club 88“ sei eine zentrale Stelle verfassungsfeindlicher, neonazistischer Bestrebungen, die den Nationalsozialismus verharmlose und entsprechendes Gedankengut verbreite. „88“ bezeichnet den achten Buchstaben des Alphabets und ist in der Neonazi-Szene ein Synonym für „Heil Hitler“. Der Club blieb aber geöffnet, weil Dolscheid eine einstweilige Anordnung gegen die Schließung erwirkte. Seine gestrige Entscheidung im Hauptsacheverfahren begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es für einen Entzug der Konzession klare Hinweise auf eine Unzuverlässigkeit der Betreiberin geben müsse. Die von der Stadt aufgeführten Vorfälle seien jedoch weder strafbar noch ordnungswidrig. Auch sei kein Strafverfahren gegen die Gaststättenbetreiberin eingeleitet worden.
Die politische Gesinnung der Antragstellerin sei keine Tatsache im Sinne des Gaststättengesetzes, „welche die Annahme rechtfertigen könnte, dass die Antragstellerin die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze“, entschieden die Schleswiger Richter. Dolscheid habe sich bisher im Rahmen der von der Verfassung gewährleisteten Grundrechte bewegt, deren Verwirkung nur das Bundesverfassungsgericht aussprechen könne.
Am 16. September hatten in Neumünster etwa 470 Neonazis für den Erhalt des Clubs demonstriert. In Polizeikreisen wurde gestern vermutet, dass es am Abend zu spontanen Jubelmärschen der Faschisten kommen werde. dpa/taz
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