: Die Stille nach dem Schluss
Nach langem Hin und Her haben die Grünen nun doch Dorothee Dubrau als Baustadträtin für den neuen Hauptstadtbezirk nominiert. Mit welcher Politik sich die angebliche „Metropolen“-Partei in diesem Bereich profilieren will, blieb allerdings offen
von UWE RADA
Also sprach Andreas Schulze: „Das Ziel ist klar. Mit einem Leitbild von grüner Politik in der Metropole wollen wir unsere urgrüne Wählerschaft mit neuen Milieus zusammenführen. Darin muss die besondere Kompetenz einer modernen grünen Metropolenpartei bestehen.“
Grüne Metropolenpartei, das klingt nicht nur modern, sondern irgendwie auch cool. Nur wie steht es um die vom Berliner Landeschef der Grünen geforderte „besondere Kompetenz“ auf diesem Gebiet? Namentlich dort, wo sich die „Metropole“ Berlin in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit zeigt: im künftigen Hauptstadtbezirk, zusammengewürfelt aus Mitte, Tiergarten und Wedding?
Nach langem Hin und Her, zahlreichen Intrigen und geschmacklosen Debatten um eine Parteiabgabe, hat sich die Mitgliedervollversammlung der Grünen aus Mitte, Tiergarten und Wedding am Mittwochabend entschieden: Dorothee Dubrau, bis zu ihrer Abwahl 1995 schon einmal Baustadträtin in Mitte und seit 1996 im selben Amt in Prenzlauer Berg, soll künftig die Metropolenpolitik der Grünen formulieren, oder, wie es Frank Bertermann von Geschäftsführenden Ausschuss der Grünen in Mitte formuliert: „Bündnis 90/Die Grünen wird im zukünftigen Bezirksamt Mitte das Ressort mit der größten Bedeutung für die Entwicklung des City-Bezirks verantworten.“
Fragt sich nur, wie? Schon beim ersten Versuch, die von der gemeinsamen Fraktion favorisierte Dubrau von den Mitgliedern absegnen zu lassen, war Politik, gar Metropolenpolitik kein Thema. Vielmehr versuchte die grüne Basis, die Kandidatin Dorothee Dubrau durch eine ungewöhnlich hohe Abgabe an die Parteikasse zu verhindern. Zwar ist in dieser Hinsicht nun ein Kompromiss gefunden, doch politischer war die Kandidatenkür am Mittwochabend deshalb keineswegs: keine Diskussion zur Abrisspolitik des Senats, keine Diskussion zur Love Parade. Stattdessen die Sorge einiger Betroffenenvertreter, wie es um die Bürgerbeteiligung bestellt sei: grüner Kiez statt grüne Metropole.
Lange Zeit wurde das Bauamt in Mitte von zwei streitbaren PDS-Politikern, Karin Baumert und Thomas Flierl, geführt. Mit der gelernten Architektin Dorothee Dubrau kehrt ab Januar nun wieder eine eher im Hintergrund agierende Politikerin nach Mitte zurück, die 1995 in einer Art konzertierter Aktion von SPD und PDS abgewählt wurde. „Wegen Investorenfeindlichkeit“, wie der damalige SPD-Bürgermeister Gerhard Keil das seinerzeit formulierte.
Doch die Zweifel, die vor allem die grüne Basis aus Tiergarten, teilweise aber auch aus dem Wedding gegenüber Dubrau hegt, hat mit diesem Vorwurf nur wenig zu tun. Es ist zum einen der Ärger darüber, dass keiner der eigenen Grünen-Politiker für das Amt des einzigen Stadtrats im Fusionsbezirk zum Zuge kommt. Zum andern sind es Bedenken, ob Dorothee Dubrau tatsächlich die Richtige ist, grüne Inhalte im Hauptstadtbezirk kenntlich zu machen. Dies zumindest legt ein Antrag nahe, der am Mittwoch allerdings abgelehnt wurde. Einige Basisvertreter hatten sich dafür ausgesprochen, auf Landesebene noch einmal nach einem anderen Kandidaten Ausschau zu halten.
Im Gründerzeitmilieu von Tiergarten und Wedding wird sich aber auch herumgesprochen haben, dass Dubrau im Prenzlauer Berg ein, gelinde gesagt, distanziertes Verhältnis zu den Bürgerinitiativen hatte. Höhepunkt dieser Auseinandersetzung war ein Abwahlantrag, den die Betroffenenvertretungen gegen Dubrau gestellt hatten, weil sie sich angeblich nicht konsequent genug für die Verlängerung der Mietobergrenzen eingesetzt hatte.
Doch die Fähigkeit, mit den Akteuren in den so verschiedenen Milieus des Hauptstadtbezirks zusammenarbeiten zu können, ist nur ein Teil dessen, was Dubrau ab Januar unter Beweis stellen muss. Die für die Außenwirkung ihrer krisengeschüttelten Partei viel wichtigere Aufgabe besteht vielmehr darin, grüne Politik an diesem Ort besonderer Beobachtung durchzusetzen. Wahrhaft keine leichter Job. Schließlich sind die meisten Bauvorhaben, gegenüber denen sich Dubrau bis 1995 noch profilieren konnte, vollendet, und auch in der Sanierungspolitik gibt es wenig Spielräume. Erschwerend hinzu kommt eine Verwaltung, vor allem in Mitte, an der sich schon die weitaus konfliktfreudigeren Vorgänger Dubraus die Zähne ausgebissen haben.
Dubrau selbst setzt auf Kontinuität und verweist auf ihre Verwaltungserfahrung. Doch ohne Unterstützung ihrer Partei und einen Klärungsprozess über grüne Inhalte dürfte sie ziemlich allein stehen. Und um ein genuin grünes städtebauliches Profil ist es im Jahre 2000, anders als noch Anfang der 90er-Jahre, denkbar schlecht bestellt. Bestes Beispiel war die Abwesenheit der Grünen bei den jüngsten Debatten um den Schlossplatz, dem Abriss des Ahornblatts oder der Festivalisierung des Brandenburger Tors. Bei der besonderen Metropolen-„Kompetenz“, wie sie der Berliner Grünen-Chef Andreas Schulze fordert, herrscht zumindest in Mitte, ob mit oder ohne Dubrau, Fehlanzeige.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen