: „Wir sind nicht allein“
Anwalt Reinhard Marx, Autor des Memorandums der Initiative für Flüchtlingsschutz, hofft auf breite Unterstützung – auch von der CDU
taz: Was hat Sie veranlasst, gerade jetzt ein Memorandum zum Flüchtlingsschutz zu verfassen?
Reinhard Marx: Der Anlass war die Interviewserie des Bundesinnenministers Otto Schily, mit der er das deutsche Asylrecht in Frage stellte. Wir haben überlegt, wie man gegen diese Strategie vorgehen kann.
Welche Wirkung versprechen Sie sich von dem Memorandum?
Wichtig ist uns, dass wir ein breites Bündnis schaffen, das ein eigenes, klares Konzept vorlegt. Wir wollen auch deutlich machen, welche Fragen jetzt bei der europäischen Harmonisierung des Asylrechts zu erörtern sind.
Sehen Sie da mehr Chancen oder mehr Gefahren?
Es gibt offensichtlich die politische Zielvorstellung, den europäischen Harmonisierungsprozess zu nutzen, um innerstaatliche Rechtsstandards abzubauen. Wir halten dagegen, indem wir auf die Praxis in anderen Staaten verweisen. Die ist teilweise viel liberaler als in Deutschland, etwa beim Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung.
Wie beurteilen Sie den jetzt vorgelegten Entwurf der EU-Kommission?
Dieser Entwurf ist ganz in unserem Sinne, weil er klar sagt, dass die Entscheidungen der Verwaltung durch eine zweite Instanz kontrolliert werden müssen. Das zeigt, dass wir in Deutschland mit unserer Rechtsweggarantie nicht allein sind. Wenn die Bundesregierung jetzt gegen diesen Entwurf protestiert, ist es umso wichtiger, dass wir ihn unterstützen. Über das Asylrecht darf nicht allein von der Ministerialbürokratie entschieden werden.
Was erwarten Sie von den Grünen?
Die Grünen müssen ihre Position klären. Ich denke schon, dass Sympathien für unsere Forderungen da sind, auch in der SPD. Selbst in der CDU gibt es Kräfte, die den Flüchtlingsschutz ernst nehmen. Mit denen wollen wir ins Gespräch kommen, um zu verhindern, dass das Thema Asyl in die Einwanderungsdebatte rutscht oder zum Wahlkampfthema gemacht wird.INTERVIEW: LUKAS WALLRAFF
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen