: Hundebesitzer entdecken ihren Kampfgeist
■ Demonstration gegen Hamburger Hundeverordnung am Sonnabend
Vier Monate nach Inkrafttreten der umstrittenen Hundeverordnung haben Hamburgs HundebesitzerInnen ihren Kampfgeist entdeckt. Rund 800 HalterInnen von Kampfhunden demonstrierten am Sonnabend vor dem Rathaus gegen die neue „Rassenverordnung“ des rot-grünen Senats. Mit Hunde- und Trillerpfeifen zogen sie zuvor durch die City und skandierten: „Unsere Kinder brauchen Hunde, Ortwin Runde tötet Hunde.“
Bei ihren Protesten gegen die Hundeverordnung können sie auf prominente Unterstützung bauen. So waren eigens die Schauspieler Gert Haucke und Heidi Kabel auf dem Rathausmarkt erschienen, um Bürgermeister Runde die Leviten zu lesen. Haucke wirft diesem vor, mit der „Rassenverordnung“ eine „beispiellose und skandalöse behördliche Schlamperei vertuschen zu wollen“, die am Tod des kleinen Volkan in Wilhelmsburg mitverantwortlich war. Mit der Verordnung werde die „letzte deutsche Lust an der Denunziation wieder geweckt“ und BesitzerInnen von Pittbulls, Bullterriern und American Staf-fordshire zu „Killern“ gemacht.
Volkans Tod durch einen Pittbull wäre vermeidbar gewesen, wenn die Behörden ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen wären und nicht „einem 16-fach Vorbestraftem die Möglichkeit gegeben hätten, den Hund mit Drogen zum Killer auszubilden“. Haucke findet, dass es dringendere Probleme zu lösen gebe: „Wo bleiben die Eilverordnungen gegen die braune Pest der Neonazis?“
Auch die sozialdemokratische Volksschauspielerin Heidi Kabel spricht Runde mütterlich ins Gewissen: „Herr Runde, Sie wissen, dass ich Sie mag, aber das ist eine Schweinerei!“ SprecherInnen zahlreicher Institutionen beleuchten unterschiedliche Aspekte der Eilverordnung: Vor einem „Irrweg“ warnt Ulla Keller vom Verein „Mütter und Hunde“: Kinder bräuchten „einen gesunden Umgang mit Tieren, irrationale Ängste zu schüren hat fatale Folgen“.
Die Glückstädter Tierschutzanwältin Marion Oberender befürchtet sogar „Rechtsbeugung“: Denn die Behörden hätten nach der Hundeverordnung keinen Ermessensspielraum, wie ihn das Verwal-tungsrecht vorschreibt. Tierarzt Dirk Schrader sieht „faschistoide Tendenzen“, Hauckes Appell: „Leistet zivilen Ungehorsam und lasst Euch nicht einschläfern.“
Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen