: Wohlwollen schwankt mit Ebbe und Flut
15 Jahre Nationalpark Wattenmeer: Manch Widerständler gegen die „Ökodiktatur“ steht dem einst ungeliebten Kind inzwischen versöhnlicher gegenüber ■ Von Heike Wells
Das Wattenmeer erscheint vielen auf den ersten Blick als öde Schlickwüste. Seine Ursprünglichkeit und Vielfalt entfaltet es erst beim genauen Hinsehen durch die Dynamik von Ebbe und Flut, durch die wechselnden Einflüsse von Wetter, Wind und Wellen. Der schleswig-holsteinische Teil des Wattenmeeres wurde am 1. Oktober 1985 zum Nationalpark erklärt. Und inzwischen ist der Park – an seinem 15. Geburtstag – nach Meinung des schleswig-holsteinischen grünen Umweltministers Klaus Müller „der Pubertät langsam entwachsen“.
Mit dem „Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer“ verlieh die damalige CDU-Landesregierung der gesamten Küstenlandschaft von der Elbemündung bis zur dänischen Grenze den in Deutschland höchstmöglichen Schutz und machte sich damit zum Vorreiter. Heute unterliegen auch der niedersächsische (seit 1986) und der Hamburger (1990) Teil des Küstensaumes und damit das gesamte deutsche Wattenmeer dieser Schutzkategorie.
In Nordfriesland und Dithmarschen brach mit der Verabschiedung des Nationalparkgesetzes am 22. Juli 1985 vor allem unter Bauern, Schäfern und Fischern ein Sturm der Entrüstung los. Der ist seitdem immer wieder aufgebrist, wenn die Widerständler von der Westküste „Ökodiktatur“ witterten.
Zu spüren bekam die rot-grüne Landesregierung das zuletzt 1999, als sie das Nationalparkgesetz novellierte und dabei ein Walschutzgebiet vor Sylt und eine nutzungsfreie Zone auswies. Mahnfeuer an Stränden und Deichen, Demonstrationen und lautstarke Proteste zeigten, dass der Nationalpark ein vielfach ungeliebtes Kind geblieben ist.
Was manche in der Region trotzdem versöhnlich stimmen dürfte, sind nach Überzeugung von Umweltminister Müller die Vorteile und Chancen des Nationalparks, zum Beispiel für den Tourismus. Auf diesen Aspekt habe man denn auch besonderes Augenmerk gerichtet, betont der Leiter des Nationalparkamtes im nordfriesischen Tönning, Bernd Scherer, und verweist auf das im Aufbau befindliche Besucher-Informationssystem, das den Nationalpark Einheimischen und Gästen erschließen soll. Ein entscheidender Schritt in die gleiche Richtung war auch die Gründung eines hauptamtlichen Betreuungsdienstes, des „NationalparkService“.
Auch wenn der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer langsam erwachsen wird, ist seine Entwicklung aus Sicht von Naturschützern und Landesregierung nicht abgeschlossen. Vor allem den „Komplex Bundeswehr“ mit Schießübungen und Tiefflügen empfinden sie als „trauriges Kapitel in der Erfolgsstory“.
Der Leiter des WWF-Projektbüros Wattenmeer in Husum, Hans-Ulrich Rösner, nennt das ebenfalls als den wunden Punkt. Wie der Bundesvorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland, Jochen Flasbarth, empfindet Rösner zudem die neue nutzungsfreie Zone als „bestenfalls symbolisch“ und sieht in dieser Frage noch „Wünsche offen“.
Gleichwohl sei in den 15 Jahren Nationalpark für den Wattenmeerschutz „ungeheuer viel erreicht worden“, bilanziert Rösner und nennt als Beispiele die Einstellung der Jagd und der Herzmuschelfischerei sowie die Renaturierung der Salzwiesen. Die Bedeutung des Schutzgebietes, ergänzt Flasbarth, könne trotz einiger Mängel nicht hoch genug eingeschätzt werden: „Ich kann mir den deutschen Naturschutz ohne diesen Nationalpark nicht vorstellen.“
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